Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Gut

Größerer landwirtschaftlicher Besitz, in der Regel ein Hof mit dazugehörigen Ländereien, der mit Hilfe familienfremder Arbeitskräfte bewirtschaftet wird. Güter gehen häufig auf adeligen Grundbesitz zurück und werden oft als Pachtbetrieb geführt oder durch einen Verwalter bewirtschaftet.

Eine Gutsherrschaft entwickelte sich in Deutschland Ende des 15., insbesondere im 16. Jahrhundert. In Schleswig-Holstein, in der Lausitz, in Brandenburg, vor allem aber in Mecklenburg und Pommern kam es zu wesentlichen Veränderungen der Agrarsozialstruktur, die auch die ländliche Siedlung und Flur beeinflußten. Als Voraussetzung für die Gutsbildung wird das Zurückbleiben der Löhne hinter dem im 16. Jh. erfolgenden Anstieg der Getreidepreise, d.h. die Unterbezahlung der Arbeitskräfte angesehen.

Ausgangspunkte für die Gutswirtschaften waren:

Als Voraussetzungen für die Gutsbildung gelten vier Faktoren: Verkehrsgunst für die Entstehung von Gutswirtschaften, Kriegszerstörungen, die die traditionellen bäuerlichen Strukturen destabilisierten, Adelsherrschaft, die das Bauernlegen ermöglichte (vorrangig von der 2. Hälfte des 16. bis zum 18. Jh.) und "moderne" Landwirtschaft, wie sie z.B. in Form der Koppelwirtschaft betrieben wurde.
Parallel zum Aufkommen großer Betriebe entwickelte sich die Gutsherrschaft als rechtliche Institution. Die Schwäche landesherrlicher Gewalt führte dazu, daß Gerichtsherrschaft und Steuerrechte auf den Adel übergingen. Bis zur Bauernbefreiung erfolgte die Bearbeitung der Güter vor allem durch erbuntertänige Bauern der Gutsdörfer. Zum Frondienst der Bauern (Scharwerken), kamen die Handdienste der Kleinbesitzer und der Gesindezwangsdienst. Jeder erbuntertänige Bauer eines Gutes war danach verpflichtet, seine Kinder für eine bestimmte Zeit (i.d.R. 1 Jahr) der Herrschaft in den Gesindedienst zu geben.

Als Folge der Agrarreformen des frühen 19. Jh. wurde die herrschende Gutsstruktur östlich von Elbe und Saale noch verstärkt. Reformkonforme Gebietsabtretungen der Bauern an den bisherigen Grundherrn bei der Umwandlung ihrer Nutzflächen in Eigentum brachten den Bauern insgesamt einen Verlust von 1 Mio. ha Land, die in Gutsland umgewandelt wurden. Zahlreiche Bauernstellen mußten wegen zu kleiner Betriebsflächen oder wegen Kapitalmangel aufgegeben werden. Im östlichen Mitteleuropa und in Osteuropa bildeten die Gutsbesitzer bis zu den Kollektivierungen des 20. Jh. die schmale ländliche Oberschicht, ihre Betriebe prägten die ländliche Kulturlandschaft nachhaltig.

Heute kommen in den alten Bundesländern Gutsbetriebe in Streulage vor, lediglich im östlichen Holstein bilden sie die vorherrschende Betriebsart, auch heute noch überwiegend in Adelsbesitz. Eine Besonderheit sind Staatsgüter (Domänen), die oft als Träger der landwirtschaftlichen Forschung dienen.

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