Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Bauernbefreiung

Die Bauernbefreiung war eine wesentliche Reform in der Landwirtschaft im 18. und 19. Jahrhundert mit dem Ziel, die grundherrschaftlichen Bedingungen abzuschaffen. Daneben wendete sie sich auch gegen Erbuntertänigkeit, Frondienste und Grundherrschaft sowie gegen ständische Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt. Sie begann mit der Aufhebung der Leibeigen­schaft 1781 in Österreich und erfuhr eine Beschleunigung durch die Französische Revolution. In Preußen erfolgte sie v.a. durch die Reformen des Freiherrn vom Stein (1807) und des Staatskanzlers von Hardenberg (1811 und 1816). Die Bauernbefreiung war 100 Jahre nach ihrem Beginn zuletzt in Rußland abgeschlossen. Mit der Aufhebung der genannten Bindungen an den Grundherrn unterstanden von nun an die Bauern dem allgemeinen Recht. Allerdings wurden Eigentumsrechte an Land nur an "spannfähige" Bauern vergeben. Es entstand damit eine Landarbeiterschicht, gleichzeitig wurde der Großgrundbesitz vermehrt, da an die Grundherren bei Übernahme des Landes durch die Bauern Land als Entschädigung abgegeben werden mußte.

In Deutschland wurde die Bauernbefreiung durch Staat und Bürgertum getragen, der Adel versuchte sie zu verhindern, die ländliche Bevölkerung einzelner Gebiete gab ihr durch Unruhen oder Revolten nur indirekt Impulse. Ein wichtiges Motiv für die Bauernbefreiung war die Vorstellung, daß freies Eigentum die wirtschaftliche Aktivität steigert; von einem freien Tagelöhner erwartete man die 3 - 5fache Arbeitsleistung eines Formbaren. Tatsächlich äußerte sich die Befreiung vor allem in Gebieten mit Gutswirtschaft in intensiverer Bodennutzung. Hemmend für diese Entwicklung wirkte sich der Ablösemodus für Zinsen und Dienste aus. Der Gutsherr wurde zum Gutsbesitzer, seine Ländereien konnte er durch den Landzuwachs im Zuge der Ablösung beträchtlich vergrößern, Geldabfindungen wurden in Beteiligungen an Bergbau, Industrie und Eisenbahnen oder für den Ankauf von Gütern investiert. Die Zahlung von Ablösungsrenten für Zehnten, Zinsen und Frondienste verursachten eine wachsende Verschuldung des bäuerlichen Grundeigentums. Daraus folgende Zwangsverkäufe kamen vornehmlich den Gutsbesitzern zugute.

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