Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Treibhauseffekt

Erscheinung, die aufgrund der Rückstreuung der terrestrischen Ausstrahlung zu einem Wärmegewinn für die Erdoberfläche führt.
Die Erde erfährt eine fortgesetzte Zufuhr von Energie mit der Sonnenstrahlung - hauptsächlich im sichtbaren Wellenlängenbereich. Voraussetzung für ein energetisches Gleichgewicht ist die Abgabe einer der zugeführten entsprechenden Energiemenge an den Weltraum. Dies erfolgt durch die Abstrahlung von längerwelligen Wärmestrahlen, wie sie allen warmen Körpern zu eigen ist. Der Treibhauseffekt beruht darauf, daß das Absorptionsverhalten von Bestandteilen der Atmosphäre, insbesondere bei den Spurengasen, in den verschiedenen Spektralbereichen nicht gleich ist. Das einfallende sichtbare Licht wird dabei praktisch nicht, die abgegebene Wärmestrahlung von einer Reihe von Spurengasen hingegen mehr oder weniger stark absorbiert, d.h. die Abstrahlung wird gewissermaßen durch eine isolierende Schicht behindert. Damit die vorgegebene Energiemenge dennoch abgestrahlt werden kann, muß der strahlende Körper eine entsprechend höhere Temperatur aufweisen. Dieses ist - verkürzt ausgedrückt - die physikalische Natur des Treibhauseffektes.

Der tatsächliche Energiehaushalt der Erde gestaltet sich komplizierter als hier skizziert, weil z.B. Teile der einfallenden Strahlung an Luftmolekülen gestreut, an Wolken oder der Erdoberfläche reflektiert oder die Wärmestrahlung absorbiert und reemittiert werden.
Bilanziert man die energetischen Verhältnisse zwischen einfallender und abgegebener Strahlung ohne Berücksichtigung dieses Treibhauseffektes, dann gelangt man zu einer mittleren Temperatur von -18 °C. Daß wir statt dessen (unter den Bedingungen der natürlichen Atmosphäre) +15 °C als mittlere Temperatur vorfinden, verdanken wir dem natürlichen Treibhauseffekt, ausgelöst von den Atmosphärenbestandteilen Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan, Lachgas und Ozon in ihren natürlichen Gehalten.
Anlaß zur Sorge bietet der Sachverhalt, daß wir durch unsere Tätigkeit die Gehalte dieser und weiterer, in der natürlichen Atmosphäre nicht enthaltener, treibhauswirksamer Gase permanent steigern. Hierdurch wird zusätzlich zu dem geschilderten natürlichen ein anthropogener Treibhauseffekt ausgelöst, der einen generellen Anstieg der Temperaturen bewirkt.

Die Atmosphäre besitzt gegenwärtig noch den Charakter eines Allmendegutes und wird als solches als Deponie für Treibhausgase genutzt. Alleine der CO2-Gehalt der Atmosphäre hat seit Beginn der Industrialisierung vor etwa 200 Jahren von 280 auf ca. 360 ppm zugenommen. Besonders problematisch ist dabei der Umstand, daß diese Veränderung in einer für erdgeschichtliche Dimensionen äußerst schnellen Geschwindigkeit abläuft. In der Folge erhöhte sich seit dem Ende des 19. Jh. die mittlere globale Lufttemperatur um 0,3 - 0,6 °C und der globale Meeresspiegel um 10 - 25 cm. Es ändern sich aber nicht nur die Temperaturen selbst, sondern auch die Niederschlagsverhältnisse, Klimazonen und die Häufigkeit von Klimaanomalien usw. Die Adaptation an die sich schnell ändernden klimatischen Umweltverhältnisse wirft vor allem für die natürlichen oder naturnahen Ökosysteme große Probleme auf.

Klimamodellrechnungen lassen bei aller Unsicherheit im Bereich regionaler Klimavorhersagen u.a. folgende Aussagen zu, die auch für die landwirtschaftliche Nutzung von Räumen große Bedeutung haben:

Mögliche direkte und indirekte Wirkungen erhöhter Temperaturen auf die Vegetation

Für die Landwirtschaft werden u.a. folgende Konsequenzen angenommen:

Es gilt als sicher, daß neben den klimatischen und hydrologischen Folgen auch die Ausbreitung von Parasiten und Krankheitserregern bei Menschen, Tieren und Pflanzen Probleme schafft. Ungewiß ist allerdings Ort, Zeit und Art dieser Krankheiten ebenso wie die Folgen für den Ernährungssektor insgesamt. Bedingt durch die Verschiebung von Anbauzonen sind Fluchtbewegungen zu erwarten.
Klimawirksame Spurengase
Die wichtigsten Gase, die den zusätzlichen Treibhauseffekt verursachen, sind Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (Lachgas, N2O), Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), und Ozon (O3). Wasserdampf  ist vor allem dadurch beteiligt, daß dessen Gehalt in der Atmosphäre mit steigender Temperatur wächst und dadurch eine weitere Temperaturerhöhung bewirkt.
Bei einigen Spurengasen ist die Emission nicht die einzige Quelle. Sie entstehen auch aus Vorläufern durch chemische Reaktion. Im Zusammenhang mit der Bildung von O3 sind auch VOC (Volatile Organic Components, flüchtige organische Verbindungen), NOx und CO zu erwähnen, die somit ein indirektes Treibhauspotential besitzen.

Charakteristische Merkmale wichtiger klimawirksamer Spurengase
Charakteristische Merkmale wichtiger klimawirksamer Spurengase

1sehr grobe, über 10 Jahre gemittelte Werte, da die Ozonkonzentration in der Troposphäre räumlich und zeitlich sehr variabel ist
2bezogen auf das gleiche Volumen CO2
3bezogen auf die gleiche Masse CO2
4Anteil der einzelnen Treibhausgase am zusätzlichen Treibhauseffekt in den achtziger Jahren dieses Jahrhunderts. Die CO2- Äquivalenzfaktoren sind teilweise mit erheblichen wissenschaftlichen Unsicherheiten behaftet.
5nur direkte Einflüsse enthalten

Quelle: Nach Enquête-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" des Deutschen Bundestages, Bonn 1992 und 1994

Von den verschiedenen Verursacherbereichen ist die Landwirtschaft mit ca. 15 % am globalen und mit 8 % am nationalen anthropogenen Treibhauseffekt beteiligt, überwiegend durch die Emissionen der Spurengase CH4, N2O und CO2. Die Rodung von Wäldern ist ebenfalls mit ca. 15 % beteiligt (überwiegend durch die Emissionen von CH4, N2O und CO2).

Die landwirtschaftlich bedingten CH4- und N2O-Emisssionen in Deutschland haben einen Anteil von ca. 5 % an den gesamten anthropogenen klimawirksamen Spurengasen in diesem Staat. Im einzelnen trägt die Landwirtschaft folgende Anteile an den Gesamtemissionen der drei wichtigsten Spurengase in Deutschland bei: Methan 25 - 35 % (ca. 2 Mt/a bzw. 110Mt/a CO2-Äquivalenten), Lachgas 32 - 38 % (ca. 75 kt/a bzw. 20 Mt/a CO2-Äquivalenten) und Kohlendioxid infolge direkter und indirekter Energieaufwendungen ca. 4 - 6 % (ca. 40 - 65 Mt/a CO2, je nach Autor).

Die Nahrungserzeugung und -verarbeitung verursacht in Deutschland klimarelevante Emissionen in Höhe von mindestens 150 Mio. t CO2-Äquivalenten, wovon etwa 85 % auf die Erzeugung und Verarbeitung tierischer Nahrungsmittel entfallen.

Ein Vergleich der konventionellen mit der ökologischen Produktion zeigt, daß sich der direkte flächen- bzw. produktionsbezogene Energieeinsatz kaum unterscheidet. Der wesentlich geringere Energieeinsatz ökologischer Verfahren ist maßgeblich auf den deutlich geringeren indirekten Energieeinsatz, also auf den weitgehenden oder vollständigen Verzicht auf energieintensive Vorleistungen (Mineraldünger, Zukauf- und Importfutter, Pflanzenschutzmittel usw.) zurückzuführen.

Die Landwirtschaft ist nicht nur ein Emittent klimawirksamer Spurengase. Sie könnte durch den Anbau von Energiepflanzen auf freiwerdenden Ackerflächen und die thermische Nutzung von Reststoffen (Stroh, Holz) einen erheblichen Beitrag von fast ¼ zum CO2-Minderungsziel der Bundesregierung (Reduktion der CO2-Emissionen um 25 % bis zum Jahr 2005) leisten.

Möglichkeiten zur unmittelbaren oder mittelbaren Reduktion der landwirtschaftsbedingten Treibhausgasemissionen
Möglichkeiten zur unmittelbaren oder mittelbaren Reduktion der landwirtschaftsbedingten Treibhausgasemissionen

1 xxx: hohes Reduktionspotential; xx: mittleres Reduktionspotential;
x: geringes Reduktionspotential; -: kein Reduktionspotential
Quelle: Sauerbeck u. Isermann 1994

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