Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Tierzucht

Gesamtheit der züchterischen Bearbeitung von Tierrassen durch gezielte Selektion und Anpaarung von Nutztieren, die eine starke Ausprägung gewünschter Eigenschaften aufweisen, z. B. hinsichtlich Wachstum, Gesundheit oder Futterumsetzung.

Traditionell erfolgte die Selektion nur nach dem Phänotyp (d. h. den morphologischen und physiologischen Eigenschaften und Verhaltensmerkmalen von Tieren), eine Methode, die bis heute die Grundlage der Pastoralisten und der (klein-)bäuerlichen Viehhaltung in Entwicklungsländern ist. In den Industrieländern wurden während des 20. Jahrhunderts zahlreiche neue Methoden entwickelt, um den Selektionsprozess zu beschleunigen und ihn immer mehr zu kontrollieren.

Hierzu gehören:

Der Einsatz von geklonten und gentechnisch veränderten tierischen Organismen als Nahrung scheint nur eine Frage der Zeit, da mit der Zulassung eines gentechnisch veränderten Lachses 2015 in den USA bereits ein Anfang gemacht wurde.

Durch die Fortschritte in der Gentechnik und entsprechender Patente haben die biotechnologischen Unternehmen eine zunehmende Kontrolle über die Erzeuger gewonnen. Die Nutztierzucht (livestock genetics industry) ist heute eine globalisierte Industrie, bei der eine kleine Zahl von transnationalen Konzernen den Großteil der Zucht kontrolliert. Außerdem sind diese Konzerne diversifiziert und z. T. auch vertikal integriert (z. B. Herstellung von Tierpflegeprodukten und Futtermitteln) und zudem selbst wichtige Agrarproduzenten bzw. Auftraggeber landwirtschaftlicher Produktion (contract farming). Dieses Oligopol hat große Auswirkungen auf die Biodiversität insbesondere bei Masthühnern und Legehennen, Schweinen und Kühen. 90 % der globalen Hähnchenfleischproduktion stammt von nur zwei Unternehmen, 50 % der weltweiten Eierproduktionvon Legehennen nur eines Unternehmens. Die extrem reduzierte Vielfalt innerhalb von Arten in der industriellen Haltung und die genetische Monokultur in Ställen führen zu gesundheitlichen Problemen für Tier und Mensch, aufgrund der Gefahr der raschen Verbreitung von Krankheitserregern, und sie stellen erhöhte Anforderungen an die Biosicherheit.

Das Tierzucht-Monopoly

Das Tierzucht-Monopoly

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde die Tierzüchtung in eine stark konzentrierte Biotechindustrie umgebildet. Die größten Konzerne produzieren Genetik mehrerer Nutztierarten. Auch in die schnell wachsende Veterinärsparte sind Tierzüchtungskonzerne eingestiegen und profitieren von öffentlicher Forschungsförderung.

Mit der Konzentration der Züchterunternehmen wird die Anzahl der Zuchtlinien auf dem Markt drastisch reduziert und die Tiere werden sich genetisch immer ähnlicher.
Ein Zuchthahn kann bis zu 28 Millionen Nachkommen haben, ein Zuchtbulle bis zu 1 Million. Bei Rindern und Schweinen entsprechen die Gene von vielen Millionen von Tieren noch weniger als 100 Tieren. Beim Huhn gibt es nur noch zwei Dutzend Zuchtlinien in nur drei Weltmarktunternehmen. Der größte Teil der Vielfalt ist unwiederbringlich verloren.

Quelle: Public Eye

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