Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Flavr Savr-Tomate

Mit Hilfe von gentechnischen Verfahren hergestellte und 1994 in den amerikanischen Markt eingeführte Tomatensorte mit Reifeverzögerung der Fa. Calgene, USA.
Gewöhnlich werden Tomaten wegen ihrer leichten Verderblichkeit im unreifen Zustand gepflückt und dann kurz vor dem Verkauf mit Ethylen begast, das den abschließenden Reifungsprozeß einleitet. Solche Tomaten sehen zwar rot und reif aus, sind aber meist geschmacklos und wässrig.
Die Flavr SavrTM-Tomate kann am Stock ausreifen, viel Geschmack, Aroma und Inhaltsstoffe entwickeln und behält ihr glattes Aussehen auch 6 - 8 Wochen nach dem Pflücken. Dies wurde durch das Ausschalten des "Matsch-Gens" oder besser der Erbinformation für das Enzym Polygalacturonidase (es zerstört in der reifen Tomate Zellbestandteile) erreicht. Der Verbraucher erhält ein Produkt, das sich durch die späte Ernte im Geschmack deutlich von den gewöhnlichen - grün geernteten - Treibhaustomaten unterscheidet. Um die richtig veränderten Tomatenpflanzen zu finden, mußte ein sogenanntes Markergen in das Erbgut der Tomate eingebaut werden, das eine Resistenz gegen das Antibiotikum Kanamycin verleiht. Pflanzenzellen, die nach einem Gentransfer untersucht werden sollen, werden in einem Nährsubstrat herangezogen, das mit diesem Antibiotikum versetzt ist. Jene Pflanzenzellen, bei denen kein Gentransfer erfolgte, sterben ab, jene die die neuen Gene aufgenommen haben, überleben. Dieses Antibiotikum wird zwar in der Humanmedizin nur selten eingesetzt, aber eine Verbreitung der Kanamycinresistenz in der Darmflora des Menschen ist nicht auszuschließen.

Eine traditionelle Rückkreuzung um das Markergen wieder zu entfernen, ist nur mit großem Zeitaufwand möglich, da das Gen mit der erwünschten Haupteigenschaft und das Markergen sehr dicht gekoppelt sind.

Als die Tomate als das erste gentechnisch veränderte Produkt in den USA auf den Markt kam, fanden sich kaum Käufer. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, dass die Menschen Angst vor gentechnisch veränderten Lebensmitteln hatten. Andererseits war die damalige Verarbeitungs- und Verpackungsindustrie nicht auf reife Tomaten eingestellt. Es wären hohe Investitionen in neue Verarbeitungsmaschinen nötig gewesen. Ein weiterer Negativaspekt ist, dass die Tomate schlechte Resistenzeigenschaften aufweist. Letztendlich konnte die Tomate auch die beworbenen Eigenschaften nicht zufriedenstellend erfüllen und hat heute praktisch keine Bedeutung mehr. In den USA wurde sie 1997 wieder vom Markt genommen.

Pfeil nach linksFlachsHausIndexFlechtheckePfeil nach rechts