GATT
Engl. Abk. für General Agreement on Tariffs and Trade, dt. Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen. Zwar war das GATT nur ein multilaterales Handelsabkommen, faktisch war es aber anderen internationalen Organisationen gleichgesetzt und galt als die bedeutendste zwischenstaatliche Organisation für die Zusammenarbeit in der Handelspolitik bis zu seiner Ablösung durch die neugegründete WTO im Jahre 1995. Ursprünglich ein 1947 gegründetes Provisorium mit zunächst 23 Staaten als Vertragsparteien, wurde das GATT schließlich eine Dauereinrichtung mit 108 Mitgliedsstaaten und umfasste damit 90 Prozent des Welthandels. Es gehörte zu den Sonderorganisationen der UN.
Alle Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) sind auch Vertragspartner des GATT. Sitz des GATT-Sekretariats war, bis zu seiner Ablösung durch die WTO 1995, Genf. Das Abkommen blieb jedoch als ein wichtiges Vertragswerk für den internationalen Handel innerhalb der WTO bestehen und wird seitdem weiterentwickelt. Die WTO als Dachorganisation des GATT hat auch heute noch ihren Hauptsitz in Genf.
Das Hauptziel des GATT war es, den Welthandel zu liberalisieren. Dazu sollten Handelshemmnisse abgebaut werden. Ausnahmen galten für Landwirtschafts- und Fischereiprodukte; hier bestanden Einfuhrkontingente. Die Bestimmungen des GATT wurden schließlich durch die WTO übernommen, ergänzt und von neuen Mechanismen für ihre Durchsetzung flankiert.
Die Vertragsparteien konferierten ein- bis zweimal jährlich. Acht Verhandlungsrunden haben stattgefunden. Bis zur vorletzten haben sich die Schwerpunkte von reinen Zollsenkungsbestrebungen auf den Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse verlagert. Auch die Interessen der Entwicklungsländer rückten mehr in den Mittelpunkt (Lomé-Abkommen).
Wiederholt spielten Agrarhandelsprobleme eine wesentliche Rolle bei GATT-Verhandlungen, so der "Hähnchen-Krieg" und der Getreidepreis-Konflikt zwischen der EWG und den USA in den sechziger Jahren. Die dabei harte Haltung der USA erklärt sich aus der Tatsache, daß die Agrarwirtschaft für die USA seit Jahrzehnten ein wichtiger Devisenbringer ist (Handelsüberschuß bei Agrargütern von 26 Mrd. $ in 1996).
Im Mittelpunkt der GATT-Verhandlungen der frühen neunziger Jahre (Teil der Uruguay-Runde 1986-1994) stand das System des subventionierten Agrarexports. Insbesondere die USA und einige Entwicklungsländer (Cairns-Gruppe) setzten sich für einen Abbau des Agrarprotektionismus der EU ein. Im Kompromiß von 1992 wurden vier Bereiche geregelt:
- Interne Unterstützung: Die EU verpflichtet sich in diesem Bereich, die internen Agrarstützungen bis zum Jahr 1999 um 20 % (bezogen auf die Basisjahre 1986/87/88) zu senken. Die in der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik beschlossenen Maßnahmen der direkten Ausgleichsbeihilfen sind von den Kürzungen ausgeschlossen, wenn sie sich im Rahmen einer Politik bewegen, die eine Produktionsbeschränkung zum Ziel hat. Eine Vorzugsbehandlung für Entwicklungsländer verpflichtet diese zu einem Abbau des Unterstützungsniveaus um 13,3 % in 10 Jahren. LLDCs brauchen ihre Agrarpolitik gar nicht zu liberalisieren.
Die Wahl der Referenzperiode hat zur Folge, daß die bisher im Rahmen der Reform der GAP festgelegten Preissenkungen und Quotenkürzungen voll angerechnet werden. Da zudem die Kalkulation des Stützungsniveaus aggregiert für den gesamten Agrarbereich vorgenommen wird, hat die EU nur bei einigen Produkten (z.B. Zucker) einen geringen Anpassungsbedarf.
Ausgenommen von der Abbaupflicht sind staatliche Subventionen, von denen angenommen wird, daß sie nur minimale Handelsauswirkungen und keine Auswirkungen auf die Preise haben (Inhalt der sog. Green Box). - Exporterstattungen: Hier ist eine schrittweise Verringerung der Exportbeihilfen der EU und der anderen GATT-Verhandlungspartner für Agrarprodukte um 21 Prozent (mengenmäßig) bzw. 36 % (wertmäßig) vorgesehen. Als Bezugsrahmen gilt der 5-Jahres-Durchschnitt 1986/90. Die Reduktion gilt für jedes Produkt.
- Marktzugang: Ein variables System von Einfuhrabschöpfungen und nichttarifären Handelshemmnissen erschwerte bislang Agrarprodukten aus Drittländern den Zugang zu EU-Märkten. Festzölle sollen an seine Stelle treten. Zudem sollen die bislang geltenden "Agrarzölle" in mehreren Schritten bis zum Jahr 1999 um durchschnittlich 36 % abgebaut werden. Dabei muß jeder Tarif mindestens um 15 % reduziert werden und den Drittländern wird zumindest ein Minimumzugang mit Zollvergünstigungen von 3 % des Inlandsverbrauchs garantiert (Anstieg auf 5 % bis zum Jahr 2001). Entsprechendes gilt auch für die anderen GATT-Partner.
- Ölsaaten: Vereinbarungsgemäß darf die EU-Anbaufläche für Ölsaaten 5,128 Mio. Hektar nicht überschreiten. Als Folge mußten bis 1995 1 Mio. ha Ölsaatfläche stillgelegt werden.
Die Wirkungen, die von den Übereinkünften der Uruguay-Runde ausgehen werden, werden unterschiedlich eingeschätzt:
- Die Weltmarktpreise für Agrarprodukte werden ansteigen. Dies hat positive Effekte auf die inländische Produktion und erhöht die Wettbewerbskraft der Agrarexportländer.
- Für Nettonahrungsmittelimporteure treten negative Wirkungen auf. Sie müssen für die Importe höhere Preise zahlen und sind so auf zusätzliche Kredite bzw. auf Nahrungsmittelhilfe zum Ausgleich angewiesen.
- Agrarexperten aus Entwicklungsländern vertreten die Ansicht, daß durch die Handelsliberalisierung Einbußen an ländlichen Arbeitsplätzen und Ernährungssicherheit in vielen Staaten und eine Konzentration des Landbesitzes zu befürchten sind.
- Es wird befürchtet, daß GATT kaum zu einer nennenswerten Einschränkung des Agrardumpings führen wird. Die EU darf z.B. im Jahr 2000 weiterhin 817.000 Tonnen Rindfleisch und nach 2001 jährlich 23,4 Mio. Tonnen Getreide subventioniert exportieren.
- Es ist fraglich, ob die Annahme, daß Getreide aus der EU vermehrt zur Verfütterung eingesetzt wird, zutreffen wird. Dadurch ist auch die Wirkung auf Futtermittelimporte offen.
- Es wird befürchtet, daß Getreideüberschüsse, die nicht mehr subventioniert werden dürfen, als Nahrungsmittelhilfe exportiert werden, die Nahrungsmittelhilfe wieder stärker von Bedürfnissen der Überschußbeseitigung als der Versorgungssituation in Empfängerländern bestimmt wird und Entwicklungsländer mit Nahrungsmittelhilfe überschwemmt werden.
- Ein höherer Preis von agraren Rohstoffen könnte die Entwicklung effizienterer Produktionsverfahren mit Hilfe der Biotechnologie und letztlich eine Substitution bestimmter agrarer Rohstoffe begünstigen.
- Die Einstufung von Umweltauflagen, Gesundheitsstandards und Tierschutzbestimmungen als nichttarifäre Handelshemmnisse steht einer umwelt- und sozialverträglichen Landbewirtschaftung entgegen.
Weitere Informationen:
- GATT (LEL)