Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Flächenstilllegung

Instrument der früheren Agrarmarktordnung der EU, um die Überschussproduktion in der Landwirtschaft einzudämmen und die Märkte wirksam zu entlasten.

Nach Maßgabe der Agrarreform von 1992 mussten Landwirte einen Teil der Fläche von Getreide, Eiweiß- und Ölfrüchten stilllegen, um in den Genuss flächenbezogener Ausgleichszahlungen zu gelangen (obligatorische Flächenstilllegung). So wurde für das Anbaujahr 1993/94 ein Stilllegungssatz von 15 % festgelegt, der aber jährlich den Markt- und Preisentwicklungen angepasst werden konnte. Ausgenommen von den Stilllegungsverpflichtungen waren sogenannte Kleinerzeuger, deren Anbaufläche eine bestimmte Grenze nicht überstieg.

Flächenstilllegungen wurden v.a. deshalb eingeführt, um die Agrarüberschüsse und die hohen Budgetbelastungen der protektionistischen Agrarpreispolitik zu senken, ohne diese grundsätzlich abschaffen zu müssen. Flächenstilllegungen können wegen ihrer der „klassischen” Agrarstrukturpolitik entgegengesetzten Wirkung auch als eine Art „negative” Agrarstrukturpolitik bezeichnet werden.

Flächenstilllegungen wurden nach der Etablierung der Garantiemengenregelung auf dem Milchmarkt als die Einführung eines weiteren planwirtschaftlichen Instruments in die Agrarpolitik der EU kritisiert.

Die Europäische Kommission legte den Grundsatzrahmen fest, die Ausgestaltung der Flächenstillegungsprogramme, insbesondere die Prämienhöhe blieb den Mitgliedstaaten überlassen. Erhebliche Durchführungsunterschiede waren die Folge.

Im Jahr 2007 waren die Preise für Agrarrohstoffe massiv angestiegen. Ursache waren unter anderem die gestiegene Getreidenachfrage durch den Ausbau der Bioethanolproduktion, aber auch die geringen Vorräte, Ernteausfälle und andere Gründe.Aufgrund der stark gestiegenen Getreidenachfrage im Jahr 2007 und des damit verbundenen massiven Anstiegs der Preise für Agrarrohstoffe wurde die obligatorische Flächenstilllegung in der EU für 2008 zunächst ausgesetzt. Im Rahmen des Gesundheitschecks der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik wurde sie schließlich zum Jahr 2009 abgeschafft und die damit verbundenen Zahlungsansprüche wurden in normale umgewandelt.Wegen der auch zukünftig erwarteten hohen Agrarpreisewird keine weitere Notwendigkeit der Flächenstilllegung mehr gesehen.

Damit sind die Landwirte jedoch nicht verpflichtet, ihre brachliegenden Flächen zu kultivieren. Auch für diese Flächen gelten die Cross-Compliance-Regelungen. Flächenstillegungen sind nach der aktuellen Reform der GAP Bestandteil der freiwilligen Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) bei denen sich Landwirte verpflichten, natur- und umweltverträgliche landwirtschaftliche Arbeitsmethoden anzuwenden, die über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehen.

Bei hohem Agrarpreis-Niveau kann damit gerechnet werden, dass vorwiegend auf Grenzstandorten freiwillige Flächenstilllegung betrieben wird.

Ökologische Effekte von Flächenstilllegungen

Vorrangiger Zweck der obligatorischen Flächenstilllegung war die marktentlastende Reduzierung der Nahrungs- und Futtermittelerzeugung. Der durch diese Regelung geschaffene Lebensraum Brache zeigte aber auch eine Reihe von ökologischen Vorteilen für die Umwelt.

Bei langjähriger Stilllegung kann es z. B. zu einer Entlastung der Ökosysteme durch Verringerung der Austräge von Düngemitteln und Pestiziden kommen. Ebenso können sich auf den mehrjährigen Stilllegungsflächen (Ackerbrachen) neue (extensivere) Biotope bilden. Soweit keine Pflanzenarten angesät werden, entwickeln sich zunächst meist einjährige Ackerunkräuter und nach wenigen Jahren setzen sich Arten der Ruderalfluren durch. Zudem bilden die Stilllegungsflächen Rückzugsgebiete für verschiedene Wildtiere.

Die obligatorische Flächenstillegung wurde aber aus ökologischen Gründen auch kritisch gesehen. Zusammen mit der Aufgabe der Bewirtschaftung konnte sie zur Verödung weiter Landstriche und damit zu einem Verlust von Kulturlandschaft führen, was in Teilen der EU bereits eintrat. Zudem kommt es vorübergehend zur verstärkten Auswaschung von Stickstoff in Grund- und Oberflächengewässer, wenn dieser nicht mehr durch Kulturpflanzen dem Boden entzogen wird. Dieses Problem bestand insbesondere in mitteldeutschen Agrargebieten mit hohem Stickstoffüberschuß aus der früheren "industriemäßigen" Landwirtschaft.

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