Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

biogene Rohstoffe

Biogene Rohstoffe oder Ressourcen umfassen jede Art von Biomasse, also sowohl eigens angebaute nachwachsende Rohstoffe (also land- und forstwirtschaftliche Rohstoffe pflanzlichen Ursprungs) als auch jede andere Art von Biomasse, einschließlich biotischer Rest- und Abfallstoffe.

Demnach zählen zu den biogenen Rohstoffen auch Rohstoffe tierischen Ursprungs, die außerhalb des Ernährungsbereiches (Nahrungs- und Futtermittel) stofflich oder energetisch genutzt werden können. Biogene Rohstoffe tragen auf vielfältige Weise zu einer nachhaltigen Energie- und Rohstoffbereitstellung bei. Umweltprobleme wie steigende Abfallmengen sowie die Übernutzung fossiler Ressourcen, die schlussendlich zum Klimawandel führt sind entscheidende Argumente für die verstärkte Nutzung biogener Rohstoffe.

Nicht nur in der Bereitstellung von Energie, sondern auch in der Bereitstellung von Grundstoffen kommt biogenen Rohstoffen eine Schlüsselrolle zu. Das Ideal der Bioökonomie setzt Kreislaufwirtschaft voraus, die in vielen Zweigen der Materialwirtschaft (Chemie, Papier, Holz und weitere Baustoffe, Textilien, Rohstoffe für die verarbeitende Industrie usw.) alternativlos auf biogenen Rohstoffen aufbauen.

Zahlreiche innovative Entwicklungen in der Naturstoffchemie und im chemisch-technischen Bereich lassen erkennen, dass Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen bald zum Alltag gehören können. Dazu zählen sowohl primäre Rohstoffe wie Holz als auch Produkte der ersten und zweiten Verarbeitungsstufe wie Cellulose, Stärke, monomere Kohlenhydrate, Chitin, Fette und Öle (auch tierischer Herkunft) sowie - bisher nur in geringem Maße - Proteine.

Der Hauptvorteil von biogenen Rohstoffen ist ihre Neutralität hinsichtlich der globalen Kohlendioxid-Bilanz, die hohe Funktionalität ("Synthesevorleistung der Natur") und in bestimmten Fällen ein besonders günstiges Ökoprofil. Besonders häufig werden biogene Rohstoffe dann eingesetzt, wenn ihre natürliche Funktionalität genutzt werden kann, z. B. bei der Herstellung von Tensiden aus Pflanzenölen oder Kohlenhydraten.

Biogene Rohstoffe verfügen über Eigenschaften, die sie besonders wertvoll und vorteilhaft machen. Im Gegensatz zu fossilen Rohstoffen sind sie erneuerbar. Eine Begrenzung ergibt sich jedoch durch die Verfügbarkeit von für die Biomasseproduktion nötigen Flächen. Aufgrund ihrer chemisch-physikalischen Beschaffenheit sind biogene Rohstoffe in besonderer Weise geeignet, um in Kaskaden oder Kreisläufen genutzt zu werden. Das schließt sowohl eine stoffliche Verwendung als auch die Kompostierung ein. Am Ende einer Nutzungskette kann Biomasse auch energetisch verwendet werden. Dabei wird im Prinzip nicht mehr Kohlendioxid freigesetzt als während der Wachstumsphase der Atmosphäre entzogen wurde, auch wenn für eine exakte Bilanz die zusätzliche Konversions- und Transportenergie berücksichtigt werden muss. Biogene Ressourcen und biobasierte Produkte können somit eine klima- und ressourcenschonende Alternative zu fossilen Rohstoffen und Erzeugnissen darstellen. Biogene Materialien, wie beispielsweise Bau- und neue Werkstoffe für langlebige Industriegüter, entziehen und binden zudem für lange Zeiträume CO2 aus der Atmosphäre.

Die Bioökonomie substituiert aber nicht nur fossile durch nachwachsende Rohstoffe. Sie ermöglicht auch die Entwicklung neuer Produkte und Verfahren in ganz verschiedenen Sektoren. Das volle Potenzial der Bioökonomie zu erschließen bedeutet, traditionelle Wertschöpfungsketten zu öffnen und zu erweitern oder gegebenenfalls zu ersetzen. Dem Leitgedanken der Kaskaden- und Kreislaufnutzung folgend sollen Wertschöpfungsketten zu neuartigen und effizienten Wertschöpfungsnetzen verknüpft werden. Durch Verarbeitungsschritte vor Ort ergeben sich zukunftsweisende Entwicklungsperspektiven, insbesondere für ländliche Räume.

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