Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Biogas

Auch Faulgas,

1. natürlich auftretendes Gasgemisch, das meist Sumpfgas oder Faulgas genannt wird und v.a. in Zusammenhang mit Faulschlamm in Gewässern auftritt (65 - 80 % Methan).

2. Technisch durch anaerobe Zersetzung von Energiepflanzen (z.B. Mais, Getreide), aber auch von Stallmist und anderen landwirtschaftlichen Abfällen (Erntereste, Stroh) sowie von Abfällen aus der Nahrungsmittelindustrie durch Methanbakterien in einem Gärbehälter (Fermenter) entstehendes Gasgemisch aus

Methan (CH4) Wasserstoff (H2) Kohlendioxid (CO2) Stickstoff (N2)
50 - 70 % 1,0 - 10 % 30 - 45 % 0,5 - 3 %

und sehr geringen Mengen Kohlenmonoxid (CO), Sauerstoff (O2) und Schwefelwasserstoff (H2S). Der Energiegehalt von Biogas beträgt ca. 25.000 kJ/m³.

Um die Bakterienpopulationen möglichst wenig zu stören, darf das Substrat möglichst keine hemmenden oder toxischen Stoffe enthalten wie chlorierte Kohlenwasserstoffe, Bakterizide, Pestizide, Tenside, Schwermetalle oder hohe Salzkonzentrationen.

Biogas ist verwendbar als Heizgas, zum Antrieb von Gasmotoren oder zur Gewinnung elektrischer Energie mittels Brennstoffzellen. Wird Biogas aufbereitet und gereinigt (sog. Biomethan), kann es auch direkt in bestehende Erdgasnetze eingespeist und fossilem Erdgas beigemischt oder in Fahrzeugen mit Gasmotor als Kraftstoff genutzt werden. Das ausgefaulte Substrat ist weitgehend steril und geruchsarm und kann als Dünger weiterverwendet werden.

(s. a. Biomasseenergie, nachwachsende Rohstoffe)

Schema einer landwirtschaftlichen Biogasanlage

Schema einer landwirtschaftlichen Biogasanlage

In landwirtschaftlichen Biogasanlagen werden in der Regel Gülle oder Mist und nachwachsende Rohstoffe, wie z.B. Mais, Gras, Getreide oder Zuckerrüben, vergoren.
Das in Fermenter und Nachgärer produzierte Biogas wird entweder als aufbereitetes Biomethan ins Erdgasnetz eingespeist oder wie vom Großteil der Anlagen in Deutschland in einem Blockheizkraftwerk in Strom und Wärme umgewandelt. Der Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist und die anfallende Wärme wird für die Beheizung der Wohn- und Wirtschaftgebäude genutzt oder auch über Wärmenetze an private, kommunale und gewerbliche Nutzer verteilt.
Nach Abschluss des Gärprozesses kann dann der angefallene Gärrest als wertvoller organischer Dünger auf den Feldern der Landwirte genutzt werden. Hiermit wird der Stoffkreislauf einer landwirtschaftlichen Biogasanlage geschlossen.

Quelle: FNR

2022 waren in Deutschland 9.600 Biogasanlagen mit einer elektrischen Gesamtleistung von 5.600 Megawatt installiert. Sie liefern ausreichend Strom für mehr als neun Millionen Haushalte und decken rund 5,4 Prozent des deutschen Stromverbrauchs ab. Hinzu kommt die erzeugte Wärme aus Biogasanlagen, die ausreichend für über 2,5 Millionen Haushalte ist und etwa 10 Prozent der produzierten erneuerbaren Wärme ausmacht.

Als klimaverträglicher und regional verfügbarer Energierohstoff ist Biogas, im Vergleich mit anderen Erneuerbaren Energien, speicherfähig und dadurch nach Bedarf verfügbar und vielseitig einsetzbar. Neben dem Klimaschutz kann die energetische Nutzung von Biomasse zur Biogasproduktion einen wesentlichen Beitrag zur Energiesicherung leisten und damit eine nachhaltige Entwicklung insbesondere auch in den ländlichen Räumen fördern.

Rohstoffe

Im Jahr 2021 wurden auf etwa 1,57 Millionen Hektar nachwachsende Rohstoffe für die Biogasproduktion angebaut. Das entspricht etwa neun Prozent der gesamten Landwirtschaftsfläche Deutschlands. Hierbei dominiert nach wie vor Silomais mit rund 56 Prozent, weitere bedeutende Einsatzstoffe sind Ganzpflanzensilagen aus Gras, Getreide oder Leguminosen und Zuckerrüben. Um einer Ausweitung des Maisanbaus zur Biogaserzeugung entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung bereits mit der EEG-Novelle 2012 die Einsatzmöglichkeiten von Mais begrenzt. Zudem wurde der Fokus auf den verstärkten Einsatz von Reststoffen, wie Gülle und Mist sowie von alternativen Energiepflanzen gelegt.

Bei Gülle und Mist gibt es noch erhebliche Potenziale, die zukünftig energetische genutzt werden können. Aktuell wird ca. ein Drittel des vorhandenen Potenzials genutzt und nach Expertenmeinungen ist ein weiteres Drittel mit angemessenem Aufwand für die Biogasnutzung erschließbar. Das BMEL möchte mit der „Richtlinie zur Förderung von Investitionen in emissionsmindernde Maßnahmen bei der Vergärung von Wirtschaftsdüngern“ die Stärkung der Güllevergärung als wichtigen Ansatzpunkt zur Reduktion der Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft vorantreiben.

Zu den alternativen Energiepflanzen zählen die Durchwachsene Silphie, Blühmischungen und Wildpflanzen. Neben der Biomasseproduktion für die Biogaserzeugung bringen diese Pflanzen eine Reihe ökologischer Vorteile mit sich. Zu nennen sind hier insbesondere ein vielfältiges Blüten- und damit Nahrungsangebot für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und andere Insekten, ein attraktiver Lebensraum für Wildtiere und Vögel, eine ganzjährige Bodenbedeckung als Voraussetzung für eine Reduzierung der Bodenerosion und nicht zuletzt eine Bereicherung des Landschaftsbildes.

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