Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Streuwiesen

Streuwiesen sind eine besondere Nutzungsform des Grünlandes. Im Gegensatz zu Futterwiesen werden sie nicht für die Futtergewinnung gemäht, sondern wegen ihrer schlechten Futterqualität für die Gewinnung von Stalleinstreu. Die Mahd erfolgt im Spätjahr, wenn die oberirdischen Teile der Pflanzen abgestorben und dadurch saugfähiger geworden sind. Deshalb wurden sie in manchen Gegenden auch "Herbstwiesen" genannt.

Da die Pflanzen der Streuwiesen stehend absterben und bis in den Winter hinein aufrecht stehen bleiben, erfordert die Ernte trockener Streu auch im Spätherbst nur wenige Stunden Sonnenschein. Die Ernte erfolgte früher durch Rupfen mit der Hand, durch Abhacken mit der Sensenhacke, bei Ernte im Frühjahr durch Abbrechen der dann liegenden Streu. Heute werden die wenigen verbliebenen Streuwiesen meist mit dem Kreiselmäher oder einem Doppelmesserbalkenmäher gemäht.

Der Höhepunkt der Streukultur war in den zwanziger und dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts erreicht. Heute hat die Landwirtschaft aber seit langem auf Ställe mit Spaltenböden und Güllebereitung umgestellt. Durch die modernen strohlosen Aufstallungsformen ist das Mähen der Einstreu nicht mehr nötig. Allenfalls für den Jungviehstall besteht gelegentlich noch Bedarf an Einstreu, der aber leicht mit Stroh gedeckt werden kann.

Meliorationen, unter anderem im Rahmen des Reichsarbeitsdienstes, Mechanisierung und Arbeitskräftemangel taten ein übriges, daß die Streuwiesen aus dem Betriebsablauf ausgegliedert wurden.

Als Streuwiesen wurden und werden vor allem wechselfeuchte bis staunasse Standorte bewirtschaftet, da deren Pflanzenaufwuchs wegen seiner Zusammensetzung nicht als Futter geeignet ist. Zu den Standorten gehören sowohl mineralische Feucht- und Naßböden (z.B. Aueböden, Grundwasserböden, Stauwasserböden) wie auch die organischen Nieder- und Hochmoorböden. Die heute noch verbliebenen Streuwiesen haben nährstoffarme Standorte. Sie wurden nie gedüngt, da für solche Flächen kein Dünger übrig war. Nährstoffzufuhr bekamen sie nur durch gelegentliche Überschwemmungen, wenn die Wiese in Bachnähe lag. Auch sonst wurden und werden Streuwiesen nur sehr extensiv gepflegt, wenn überhaupt. Auf sehr nassen Standorten wurden gelegentlich spatentiefe Entwässerungsgräben auf der Parzellengrenze zur Verbesserung der Befahrbarkeit gezogen.

Streuwiesen sind für den Naturschutz sehr bedeutungsvoll, da sie ausgesprochen artenreich sind (Orchideen, Schwertlilien, Mehlprimeln, Enzianarten, Falterarten wie Heufalter, Dukatenfalter, Vogelarten wie Sumpfohreule, Wiesenweihe). Bleibt die jährliche Mahd aus, verbuschen die Streuwiesen. Durch den damit verbundenen Lichtmangel werden die niedrig wachsenden Pflanzenarten verdrängt und eine Artenverarmung ist die Folge.

Die Verwertung oder Verwendung des anfallenden Mähguts bereitet heute große Probleme, da der ursprüngliche Verwendungszweck i.d.R. nicht mehr gegeben ist. Alle bisherigen Lösungen (Einstreu in der Pferdehaltung, Abdeckmaterial im Gemüsebau, Mieten- und Flächenkompostierung mit Ausbringen des Kompostes auf Ackerland) sind allenfalls lokal umsetzbar. Eine neue Lösung scheint die staubfeine Zermahlung der Streu mit Hilfe von Strohmühlen zu sein. Das dabei gewonnene Streu-Mehl kann als Einstreu auch in Ställen mit Spaltenböden und Güllebereitung verwendet werden, da die Gülle trotz der Beimengung des Streumehls noch pumpfähig ist. Eine widersinnige Alternative stellt die Deponierung dar.

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