Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Weltagrarbericht

Der Weltagrarbericht (auch: Weltlandwirtschaftsbericht) mit dem Originaltitel „Agriculture at a Crossroads“ (Landwirtschaft am Scheideweg) wurde 2008 vom Weltagrarrat (engl. International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development, Abk. IAASTD) veröffentlicht. Der Weltagrarrat wurde im Jahr 2002 von der Weltbank mit dem Ziel der Reduktion von weltweiter Unterernährung und Armut initiiert. Der IAASTD sollte untersuchen, wie die Weltbevölkerung nachhaltig ernährt werden kann. Dabei sollen Relevanz, Qualität und Effektivität von landwirtschaftlichem Wissen, Agrarforschung und -technologie für die Reduzierung von Hunger und Armut weltweit bei der Landbevölkerung evaluiert werden unter Berücksichtigung der Aspekte Klimaverträglichkeit, Erhaltung der Biodiversität sowie sozialer und gesundheitlicher Gesichtspunkte.

Der Bericht fordert insbesondere eine Ausdehnung der ökologischen Landwirtschaft beziehungsweise agrarökologischer Methoden und der Förderung von Kleinbauern. Die Grüne Gentechnik, Agrochemie und geistiges Eigentum von Saatgut werden kritisch hinterfragt.

Der 2008 in Johannesburg (Republik Südafrika) verabschiedete Bericht ist Resultat einer bislang einmaligen kooperativen Anstrengung von UN- und anderen internationalen Organisationen, 60 Regierungen und mehr als 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus allen Erdregionen.

Ein Globaler Bericht und fünf Regionale Berichte stellen die wesentlichen heutigen Probleme von Landwirtschaft, Ernährung, Umwelt und menschlicher Gesundheit dar und zeigen Möglichkeiten auf, wie die dringend gebotene Wende zu langfristig umwelt- und sozial gerechter Entwicklung und zur Sicherung der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung praktisch zu erreichen ist. Der jetzt in deutscher Sprache veröffentlichte Synthesebericht fasst die zentralen Analysen und Optionen zusammen.

Dem Weltagrarbericht wird von Teilen der Agrarwirtschaft und -forschung vorgeworfen, stark ideologisch beeinflusst zu sein. Insbesondere die Forderung nach einer verstärkten Förderung der ökologischen Landwirtschaft und die Ablehnung der Grünen Gentechnik sei auf dem Lobbyismus verschiedener Interessengruppen zurückzuführen, nicht auf Wissenschaft. So habe der IAASTD einen 2003 veröffentlichten Bericht des Internationalen Wissenschaftsrats ignoriert, dem zufolge es bisher keinen Nachweis für nachteilige Umwelt- und Gesundheitseffekt der Grünen Gentechnik gebe. Auch ein 2000 veröffentlichter Bericht der FAO zu den Chancen der Grünen Gentechnik sei ignoriert worden.

Das Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre der Universität Hohenheim analysierte den Weltagrarbericht und kam zu dem Ergebnis, dass kein Grund vorliegt, die wissenschaftliche Qualität der Publikation in Frage zu stellen.

Die Agrarunternehmen Monsanto, Syngenta und BASF, die an der Ausarbeitung des Berichtes beteiligt waren, zogen sich vorzeitig von der Mitarbeit zurück.

Die USA, Kanada und Australien haben den Schlussbericht wegen dessen Kritik an der zu raschen Marktöffnung nicht unterzeichnet. Die drei Staaten äußerten auch Vorbehalte gegenüber einigen Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Weltagrarberichts. Die deutsche Bundesregierung hat den Weltagrarbericht nicht unterzeichnet.

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