Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Paludikultur

Paludikultur („palus“ – lat. „Sumpf, Morast“) ist die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore. Dabei wird die Biomasse aufwachsender oder angebauter Pflanzenarten genutzt. Ziel ist neben der land- und forstwirtschaftlichen Produktion der Erhalt des Torfkörpers und im Idealfall Torfbildung. Ein traditionelles Beispiel dafür ist der Anbau von Schilf für Dachreet. Neue innovative und nachhaltige Nutzungen sind etwa die energetische Verwertung von Niedermoor-Biomasse, die Nutzung von Röhrichten für neue Baustoffe oder die Kultivierung von Torfmoosen als Torfersatz in Substraten für den Gartenbau.

Bis heute werden Moore großflächig für Land- und Forstwirtschaft sowie Torfabbau entwässert. Dadurch werden die über Jahrtausende gebildeten Torfe belüftet und von Mikroben zersetzt. Die Folgen sind Bodendegradierung, Moorsackung, Verlust von Biodiversität, Verlust der Wasserfilter-, Wasserspeicher- und Rückhaltefunktion und die Belastung von Grund- und Oberflächenwasser. Vor allem aber setzen entwässerte Moorböden enorme Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid frei, mit 2 Gigatonnen CO2 jährlich insgesamt 4 % aller vom Menschen verursachten Emissionen.

Die nasse Bewirtschaftung von Moorböden bringt Klimaschutz durch Minderung des CO2-Ausstoßes und durch Verdunstungskühlung. Sie liefert Alternativen für fossile Rohstoffe ohne in Konkurrenz um Flächen zur Nahrungsmittelproduktion zu treten. Paludikultur fördert Biodiversität und weitere Ökosystemdienstleistungen von Mooren. Sie bietet Perspektiven für Landwirtschaft und Tourismus in schwach entwickelten Regionen.

Auf wiedervernässten Mooren können Wasserbüffel für die Fleischproduktion gehalten und medizinisch wertvolle Pflanzen kultiviert werden. Die Universität Greifswald initiierte eine Datenbank mit Kulturpflanzenarten in Deutschland, die für den Palidukultur geeignet sind; sie enthält bereits 184 Arten.  Beim Anbau im Rahmen der Paludikultur erhöhen sich zunächst durch das Wiederbewässern die Methanemissionen, da hier Mikroorganismen organisches Material unter Sauerstoffverschluss zersetzen, allerdings sinken gleichzeitig die CO2- und N2O-Emissionen. Kurzfristig können sich diese gegensätzlichen Emissionsströme zu Null ausgleichen, wenn besonders viel frisches organisches Material auf den wieder bewässerten Moorflächen vorhanden ist. Langfristig stellen wiedervernässte Moore aber aufgrund ihrer kontinuierlichen Kohlenstoffspeicherung eine Kohlenstoffsenke dar und sind somit ein sehr wichtiger Beitrag für den Klimaschutz (WBGU 2020)

(s. a. GMC)

Weitere Informationen:

Pfeil nach linksPalmölHausIndexPampaPfeil nach rechts