Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Marktordnung im Rahmen der EU

Administrative Regulierung des Gemeinsamen Agrarmarktes der EU, als Gegenbegriff zum freien Markt. Agrarmarktordnungen sind das klassische Instrument zur Verwirklichung einer protektionistischen Agrarpreispolitik in der EU.

In der landwirtschaftlichen Marktordnung der EU ging es lange Zeit nicht darum, einen freien Wettbewerb (Konkurrenz) zu ermöglichen, sondern im Interesse der Erzeuger und der Verbraucher die Preise für Agrarerzeugnisse stabil zu halten und zunächst, kurz nach dem 2. Weltkrieg, die Versorgung zu sichern. Zudem sollen Marktordnungen verhindern, dass einheimische Landwirte ihre nicht nur zur Ernährungssicherung, sondern darüber hinaus auch für die Landschaftspflege wichtige Arbeit aufgeben.

Die Agrarmarktordnung der Europäischen Union (EU) stand immer wieder zur Diskussion, auch in Beziehung zum Weltmarkt und zu den WTO-Verhandlungen (WTO, GATT). Dies hing auch damit zusammen, dass über die Hälfte des EU-Haushaltes für die Agrarwirtschaft aufgewendet wurde.

Als erste Agrarmarktordnungen sind Ende der 1960er-Jahre Getreidemarktordnungen eingeführt worden. Diese charakterisieren am besten die „Schutzphilosophie” der Agrarmarktordnungen. Ein Außenschutz wird durch Abschöpfungen (Zölle) und Exporterstattungen (Exportsubventionen) erreicht. Ausländische Konkurrenten können deshalb nicht unterhalb eines festgelegten Schwellenpreises in der EU anbieten, während aus der EU exportiertes Getreide auf Drittlandsmärkten mit den ausländischen Anbietern konkurrieren kann. Innerhalb der EU selbst stellen Interventionspreise sicher, dass die Getreidepreise nicht unter ein festgelegtes Niveau sinken können. So sinnvoll das System der Intervention in den Anfangsjahren der Gemeinschaft war, um die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise zu stabilisieren, so fatal wirkte es sich im Laufe der Jahre aus. In der Intervention lag eine der Ursachen für die Überproduktion von Agrarprodukten in der EU. Der Preis hatte seine regelnde Funktion eingebüßt. Die großen Kosten zur Aufnahme der Überproduktion trafen letztlich jeden EU-Bürger in Form von höheren Steuersätzen.

 Agrarmarktordnungen existieren Anfang der 1990er-Jahre für die meisten Agrarprodukte. Marktordnungen mit Außenschutz und internen Stützpreisen nach dem Muster der Getreidemarktordnungen umfassen zu diesem Zeitpunkt Agrarprodukte mit einem Produktionswertanteil von etwa 70 Prozent. Marktordnungen mit Außenschutz, aber ohne interne Stützpreise, sind für Produkte mit einem Produktionswertanteil von etwa 20 Prozent relevant; und für weitere Produkte, die einen Produktionswertanteil von etwa 3 Prozent umfassen, gibt es Marktordnungen, die lediglich Ergänzungs- oder Pauschalbeihilfen vorsehen.

Mehrere Agrarreformen, v.a. seit 1992, haben einzelne Agrarmarktordnungen wesentlich geändert. Interventionspreise wurden u.a. für Getreide sehr stark in Richtung Weltmarktpreisniveau abgesenkt, und Subventionszahlungen erfolgen vermehrt über Direktzahlungen. Diese werden an die Fläche bzw. Tierzahl gekoppelt und seit 2003 als entkoppelte Betriebsprämie ausgezahlt.

Mit der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO), festgelegt in der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, erhalten die Marktmaßnahmen der GAP einen Rahmen. Im Zuge der nach und nach durchgeführten Reformen wurden 21 GMO im Jahr 2007 zu einer einzigen GMO für alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse zusammengefasst. Gleichzeitig wurde die GAP im Zuge ihrer Überarbeitungen immer stärker auf die Märkte ausgerichtet und der Anwendungsbereich der Interventionsinstrumente reduziert. Sie gelten heute als „Sicherheitsnetze“ und werden nur im Krisenfall eingesetzt.

Mit der Reform aus dem Jahre 2003 und dem Gesundheitscheck von 2009 wurde ein Großteil der Direktzahlungen entkoppelt. Mit der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 wird eine einzige Rechtsgrundlage und eine umfassende Rechtsvorschrift bereitgestellt, mit der Direktzahlungen an Landwirte gezielter, gerechter und ökologischer gestaltet werden.

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