Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Biokunststoffe

Auch Bioplastik; unscharfer Begriff zur Bezeichnung sowohl von Kunststoffen, die auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen (Stärke, Öle usw.) erzeugt werden, als auch von Kunststoffen, die biologisch abbaubar sind, unabhängig davon, ob sie auf nachwachsenden Rohstoffen oder auf petrochemischen Rohstoffen basieren.

Diese und ähnliche Begriffe – zum Beispiel „biobasiert“ – sind bis heute nicht eindeutig definiert. Die Entwicklung einer Terminologie durch nationale und internationale Normungsgremien wird für diese Werkstoffgruppe noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Nach gegenwärtigem Sprachgebrauch steht die Vorsilbe „bio“ für zwei Eigenschaften: für „biobasiert“ und für „biologisch abbaubar“. Biobasiert nennen sich Erzeugnisse, die teilweise oder vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen stammen. Diese Erzeugnisse können sowohl biologisch abbaubar als auch nicht abbaubar sein.

Die biologische Abbaubarkeit ist nicht an die Rohstoffbasis gebunden, sondern hängt allein von der chemischen Struktur des Werkstoffs und seinem Vermögen ab, sich durch biologische Aktivität in natürlich vorkommende Stoffwechselendprodukte umzuwandeln.

Der Ausdruck biologisch abbaubar beschreibt einen chemischen Prozess, in dem in der Umwelt vorhandene Mikroorganismen das Material in natürliche Substanzen wie z. B. Wasser, Kohlendioxid und Kompost umwandelt (künstliche Additive werden nicht benötigt). Der Prozess des biologischen Abbaus hängt von den Umweltbedingungen (z. B. Ort oder Temperatur), vom Material und den Anwendungen ab.

Nach dem Einfluss von Mikroorganismen wie Pilze, Bakterien und Enzyme bleibt am Ende nur noch Wasser, Kohlendioxid und Biomasse übrig, die von der Natur weiter verwertet werden.

Auch wenn Biokunststoffe nur thermisch verwertet werden gilt: Aus Pflanzen gewonnene Kunststoffe setzen nach ihrem Gebrauch nur so viel CO2 frei, wie die Pflanzen während ihrer Wachstumsphase aus der Atmosphäre entnommen haben. Biokunststoffe können somit als klimaneutral bezeichnet werden.

Rohstoffe zur Herstellung von Biokunststoffen können sein:
* Stärke, die vorwiegend aus Kartoffeln, Mais oder Getreide gewonnen wird.
* Cellulose, die aus Pflanzenmasse gewonnen wird und
* Zucker, der aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr gewonnen wird.

Als Verpackung findet man Biokunststoffe heute in Bioläden oder Bioabteilungen im Supermarkt. Lebensmittel werden in Folien verpackt, die auf Zucker oder Stärke basieren. Weitere Produkte sind z. B. Kaffeekapseln, medizinisches Verbrauchsmaterial oder Mulchfolie in der Landwirtschaft.

Biokunststoffe sind meist keine Bio-Produkte im Sinne biologischer Landwirtschaft. Die Bezeichnung Agro-Kunststoff wäre daher angemessener. Durch den chemischen Prozess des Crackens und erneute Polymerisation ist man heute in der Lage, Molekülketten herzustellen, die vergleichbare Eigenschaften besitzen wie die auf Erdölbasis. Mögliche Ausgangspflanzen sind stärkehaltige Pflanzen wie z.B. Mais oder Zuckerrüben. Der große Vorteil der meisten Biokunststoffe ist, dass sie unter geeigneten, industriellen Bedingungen in einem Zeitraum von ca. 8-12 Wochen weitgehend abgebaut werden. Auf dem heimischen Kompost kann der Abbau bis zu drei Jahre benötigen.

Bis in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurden Kunststoffe fast ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Erst seit Ende des Zweiten Weltkrieges werden als Rohstoffquellen üblicherweise fossile, nicht erneuerbare Ressourcen, wie Erdöl oder Erdgas, genutzt. Seit Mitte der 1990er Jahre sind nun wieder verstärkte Bemühungen zu verzeichnen, Kunststoffe zum Teil oder auch vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen zu erzeugen und am Markt zu etablieren.

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