Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Aralsee-Syndrom

Das Aralsee-Syndrom steht für Bodendegradationen, die bei großmaßstäbigen Wasserbau- und Landwirtschaftsprojekten durch zentralistische Planung und Großtechnik entstehen. Bei derartigen Projekten werden die ökologischen Potentiale der Region missachtet und dadurch die Lebensgrundlagen für Menschen, Tiere und Pflanzen zerstört. Der Begriff ist Teil einer Klassifikation von Syndromen der Bodendegradation.
Der Aralsee war einmal der viertgrößte Süßwassersee der Erde, abflusslos, gespeist durch zwei Flüsse (Syr Darya, Amu Darya), in einer Region mit wüstenähnlichem Klima. In einer ehemals fruchtbaren, wald- und artenreichen Region wurde Fischfang und Landwirtschaft betrieben. Ab den 1930er-Jahren wurde den beiden Flüssen, die ihn speisen, immer mehr Wasser entzogen und auf die neu angelegten Baumwollplantagen umgeleitet. Das führte zum Desaster. Ab den 60er Jahren-begann der See zu schrumpfen und irgendwann blieben nur noch zwei Restflächen übrig. 2014 umfassten die beiden zusammen nur noch ein Zehntel der einstigen Größe. 

Seit den 1960er Jahren bis 1997 sank der Wasserspiegel um 18 Meter von 53 Meter auf 35 Meter, und die Fläche des Sees ging um 44,3 Prozent auf 29.630 Quadratkilometer zurück. Das Wasservolumen reduzierte sich um 90 Prozent, gleichzeitig vervierfachte sich der Salzgehalt.

Durch die Umleitung großer Wassermengen erreicht heute insbesondere den südlichen Teil kaum noch Wasser. Alleine der vom Amudarja abzweigende Karakumkanal führt einen erheblichen Teil des Wassers ab, das zu früheren Zeiten von Süden in den Aralsee floss. Auch der früher wasserärmere Syrdarja bringt kaum noch Wasser zum Aralsee, liefert heute jedoch sogar noch mehr Wasser als der durch die Anrainerstaaten oft vollständig ausgetrocknete Amudarja.

1987 war der Wasserspiegel des Aralsees so weit gesunken, dass er sich in zwei Gewässer teilte: einen nördlichen See in Kasachstan und einen viel größeren südlichen im usbekischen Karakalpakistan. Der südliche See verlandete 2002 so stark, dass aus ihm noch mal zwei wurden, ein östlicher und ein westlicher See. Im Juli 2014 war der östliche See völlig ausgetrocknet.

Der kasachische Teil scheint mittlerweile gerettet. Die Kasachen errichteten 2005 einen 13 Kilometer langen Staudamm. Seit der Fertigstellung haben sich der dadurch entstandene separate See und sein Fischbestand schneller erholt als erwartet. So rettete der Damm zwar einen Teil des Aralsees, zugleich schnitt er den Rest endgültig von einer der wichtigsten Wasserquellen ab.

Die umliegenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen sind durch hohe Pestizid- und Düngemittelgaben verseucht und versalzen.
Andere dem Syndrom zuzuordnende Problemkomplexe sind große Staudammprojekte bzw. Eindeichungen, die Bodendegradationen aufgrund der Eingriffe in den Wasserhaushalt bzw. der Ausdehnung der Bewässerungslandschaft zur Folge haben. Regionen mit solchen Problemen sind China (50 % der großen Staudämme der Welt), Indien, Indonesien, die Arabischen Emirate, Libyen und Nordostbrasilien.

Bekannte Großprojekte sind:

Merkmale und Auswirkungen des Syndroms:

Weitere Informationen:

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