Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Vergandung

Schweizerischer Begriff zur Beschreibung des Verwilderungsprozesses alpiner Kulturlandschaften, insbesondere der Verbuschung von Bergwiesen und -weiden als Folge der Nutzungsaufgabe von Grenzertragsflächen.

Bei aktiv betriebener Berglandwirtschaft wird das Grünland gemäht oder von Vieh abgeweidet. Gebüsch und andere für das Vieh ungeeignete Pflanzen werden im Frühsommer entfernt. Steine und Stöcke werden auf den Rain geworfen. Unterbleibt diese Pflege und Nutzung weil die Zahl der Bergbauern und damit die Bewirtschaftung der Almen zurückgeht, kommt es zu dem Prozess der Vergandung, letztlich mit einer Zunahme der Waldflächen.

Im ersten Schritt der Vergandung wachsen dornige Sträucher, die die Wiesen vor Tieren schützen sollen, später kommen größere Sträucher hinzu, so zum Beispiel der Schwarzdorn, die wiederum den sich langsam entwickelnden Bäumen Schutz bieten. Wird der Prozess der Vergandung in den Alpen nicht unterbrochen, entwickelt sich so innerhalb von 40 bis 50 Jahren ein nahezu undurchdringlicher Bergurwald. Gleichzeitig verliert die betroffene Landschaft an Artenvielfalt, die sich in den vergangenen 7.000 Jahren durch die vielfältige Bewirtschaftung der Almen ausgebildet hatte. Verschwinden nun diese verschiedenen Lebensräume, an die sich die Tiere und Pflanzen inzwischen so gut angepasst haben, sterben diese Arten auch aus. Zudem wird die Landschaft monotoner und verliert an Attraktivität, auch für Feriengäste, die gerne freie Ausblicke geniessen.

Während die Grenzertragsflächen bis Mitte des 20. Jahrhunderts flächendeckend bewirtschaftet wurden, ist dies heute nicht mehr überall der Fall. Der Aufgabe der meist extensiv oder wenig intensiv genutzten Wiesen sowie der Sömmerungsweiden steht gleichzeitig eine Intensivierung der Flächen in den – gewöhnlich tiefer gelegenen - Gunstlagen gegenüber.

Die Gründe für die landwirtschaftliche Flächenaufgabe und die damit verbundene Wiederbewaldung in den Berggebieten liegen vor allem im Strukturwandel der Landwirtschaft. Mit dem Rückgang der Betriebe und der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte konzentriert sich die Flächennutzung zunehmend auf die maschinell nutzbaren Flächen. Die aufgegebenen Flächen liegen dagegen meist in unwegsamem Gelände und können nur mit einem hohen Arbeitsaufwand bewirtschaftet werden. Viele Arbeiten müssen in Hang- und Steillagen nach wie vor von Hand ausgeführt werden, da es aufgrund der Topographie oder einer unzureichenden Erschließung nur bedingt möglich ist, die Flächen maschinell zu bewirtschaften. Im Sömmerungsgebiet führt vor allem der rückläufige Bestand an gealpten Tieren zur Aufgabe von Weiden.

Der Prozess der Vergandung wird von unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen teilweise konträr diskutiert:

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