Grenzertragsflächen
In der Fachliteratur wird Grenzertragsfläche (auch marginale Fläche) generell als wenig produktives, für die Landwirtschaft ungeeignetes Land definiert. Häufig wird Grenzertragsfläche synonym mit dem Begriff 'fragiles Land' verwendet: Land, das infolge unsachgemäßer Maßnahmen des Menschen für Landdegradierung anfällig ist.
Der Begriff Grenzertragsfläche bleibt aber oft recht vage und ohne konkrete Definition. Die Schwierigkeit, eine klare Definition zu formulieren, ergibt sich aus der Tatsache, dass die "Produktivität" je nach Art der Landnutzung variiert. Zum Beispiel kann ein Land, das "marginal" für den Ackerbau ist, gut für die Beweidung geeignet sein. "Fragiles" Land kann unter Ackerbau anfällig für Degradation sein, kann aber nachhaltig für die Forstwirtschaft genutzt werden. In vielen Ländern mit Trockengebieten wurden die Ausdehnung und die Eigenschaften dieser Flächen nicht systematisch bewertet, ebenso wenig wie ihre Eignung für den Anbau von Biokraftstoffen oder Nahrungsmitteln.
Die Beratungsgruppe für internationale Agrarforschung (Consultative Group on International Agricultural Research – CGIAR) hat eine ausführliche Definition von Grenzertragsfläche und Marginalität erarbeitet: Für landwirtschaftliche Grenzertragsflächen sind demnach kennzeichnend:
- geringe Bodenfruchtbarkeit (Nährstoffmangel, Versauerung, Versalzung, geringes Wasserhaltevermögen usw.),
- Unzugänglichkeit (schlechte Kommunikationsverbindungen, Immobilität mit all ihren sozialen und wirtschaftlichen Folgen),
- Anfälligkeit (geringes Mittelabsorptionsvermögen,
- hohes Aufwand-Ertrags-Verhältnis,
- begrenzte Widerstandsfähigkeit gegenüber Störungen, Anfälligkeit für unumkehrbare Schädigungen) und
- Heterogenität (unterschiedlichste physikalische und kulturelle Bedingungen mit standortspezifischen Möglichkeiten und Beschränkungen, so dass allgemeine technologische oder institutionelle Maßnahmen zum Abbau von Beschränkungen oder zur Nutzung von Möglichkeiten nur begrenzt anwendbar sind).
Neben Grenzertragsflächen mit den oben genannten inhärenten Merkmalen gibt es auch solche, die Folge der Degradierung produktiverer Flächen oder der unsachgemäßen Erschließung von Land sind, das zuvor gar nicht oder nur wenig genutzt wurde. (CGIAR, 2000)
Land kann Grenzertragsfläche sein in Abhängigkeit von:
- seiner Nutzung (eine landwirtschaftliche Grenzertrags%äche kann eine äußerst produktive Waldfläche sein),
- seinen natürlichen biophysikalischen Eigenschaften (die sich durch Investitionen verändern lassen),
- seiner Lage in Bezug auf Infrastruktur wie Straßen, Bahnschienen, Häfen und Städten (die Anbindung an eine Region über eine Straße kann die wirtschaftlichen Erträge von Flächen in der Nähe der Straße völlig verändern),
- dem institutionellen und politischen Umfeld, das den Zugang der Einwohner zu Land, Wasser, Krediten, Märkten und externen Betriebsmitteln beeinflusst (die Schaffung eines Marktzugangs kann die wirtschaftlichen Folgen von Landnutzung völlig verändern),
- dem Bevölkerungsdruck (z. B. Größe der Betriebe: Aus Sicht eines Viehbauern sind seine ausgedehnten Ländereien keine Grenzertragsflächen, auch wenn der biophysikalische Ertrag pro Hektar gering ist; dagegen kann ein Bauer, der nur einen Hektar Land in einer Gunstlage besitzt, das Gefühl haben, er befände sich auf einer Grenzertragsfläche),
- der technologischen Entwicklung (die Ausweitung des Jojoba-Anbaus in ariden Regionen, säuretoleranter Reis in den Savannen Brasiliens),
- der Nutzung von Nischen (Gewürze, Blumen, Gemüse, spezielle Fasern).
Ob eine Fläche als Grenzertragsfläche gilt oder nicht, hängt davon ab, welche der genannten Größen in der Definition zur Anwendung kommt. Eine Definition von Grenzertragsfläche ist nur im Rahmen einer klar definierten, spezifischen Situation aussagekräftig. (CGIAR, 2000)
Grenzertragsflächen gewinnen neue Bedeutung in der aktuellen Debatte um die Produktion von Biomasse zur Herstellung von Biokraftstoffen. Manch einer vertritt die Ansicht, die Nutzung von Grenzertragsflächen könne dazu beitragen, einen Wettbewerb zwischen Nahrungsmittelproduktion und Biomasseproduktion zu verhindern. Allerdings weisen viele Flächen, deren landwirtschaftliche Nutzung sich nicht lohnt, eine große biologische Vielfalt auf. Auf solchen Flächen Biomasse zu produzieren, kann diese Biodiversität gefährden. (GIZ, mod.)
Weitere Informationen:
- Definition and classification of marginal land suitable for industrial crops in Europe (Horizon 2020, EU CORDIS)
- Marginal lands for Growing Industrial Crops: Turning a burden into an opportunity (Horizon 2020, EU CORDIS)