Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Soll

Pl. Sölle, auch Toteisloch; Bezeichnung für kleinräumige, abflusslose Hohlformen von wenigen Metern bis maximal einigen hundert Metern Durchmesser im Bereich der jungpleistozänen Grundmoräne, z. B. im nordostdeutschen Tiefland, aber auch im Alpenvorland. Sie sind meist wassergefüllt, später auch vermoort oder verlandet und geben Hinweise auf die ehemalige Vergletscherung einer Landschaft.

Sölle sind in der Regel kreisrund oder oval und finden sich in meist offener Landschaft. Sie zählen zu den Stillgewässern und besitzen für gewöhnlich keinen oberflächlichen Zu- und Abfluss. Zwischenzeitliches Trockenfallen, vor allem in den Sommermonaten, ist für viele Sölle typisch.

Entstehung

Wenn ein Gletscher niederschmilzt, geschieht dies nicht überall gleich schnell. Ein Gletscherkörper zerfällt in mehrere Blöcke, die sich wiederum in kleinere Eiskörper teilen. Daher ist es möglich, dass sich Eis bildet, das mit dem eigentlichen Gletscher nicht mehr verbunden ist. Man spricht dann von Toteis. Dieses kann durch fluvioglaziale Sedimente überlagert werden und dadurch noch für längere Zeit, auch wenn die Verhältnisse zur Eisbildung nicht mehr gegeben sind, weiterhin existieren. Steigen die Temperaturen weiter an, beginnt jedoch auch dieses Eis zu schmelzen, die Sedimentüberdeckung in den Bereich des ehemaligen Eisvolumens sackt nach und es entstehen Mulden, die Sölle genannt werden. Sölle kommen in aller Regel vergesellschaftet vor.

Gefährdung und Schutz

Da jungpleistozäne Landschaften, beispielsweise in Nordostdeutschland, aufgrund ihrer fruchtbaren Böden intensiv ackerbaulich bewirtschaftet werden, sind Sölle in ihrem Fortbestand als Biotop und Geotop oft stark gefährdet. Ackernutzung findet meist ohne einen abpuffernden Schutzstreifen bis an den Rand der Hohlform statt. Das überreiche Nährstoffangebot der intensiven Landwirtschaft verändert die Zusammensetzung der Pflanzenwelt innerhalb des Solls. Nährstoffliebende, biomassereiche Arten der Röhrichte und Hochstaudenfluren (Rohrkolben, Brennnesseln u. a.) breiten sich zu Lasten konkurrenzschwächerer Pflanzen aus. Oft sind starke Verlandungs- und Verschlammungserscheinungen aufgrund der Eutrophierung zu beobachten. Algenblüten führen zur Sauerstoffzehrung und zum „Umkippen“ des Gewässerchemismus.

In Unkenntnis wurden früher Sölle sogar im Zuge von „Meliorationsmaßnahmen“ und Flurbereinigungen komplett eingeebnet und umgepflügt, was aber oft nicht gelang. Wegen des verdichteten Untergrundes neigen solche Stellen weiterhin zur Vernässung und erlauben keinen geregelten Ackerbau.

Sölle gehören in Landesnaturschutzgesetzen (z. B. Brandenburgs) zu den per se geschützten Biotoptypen (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 BbgNatSchG) in der Gruppe der Kleingewässer, wenn sie nicht größer als ein Hektar einschließlich der Ufervegetation sind und ständig Wasser führen.

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