Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Solifluktion

Syn. Erdfließen, Bodenfließen; Bezeichnung langsame Massenbewegungen wassergesättigten Materials hangabwärts. Solifluktion tritt als langsame, großflächige Fließbewegung von lockerem Gesteinsmaterial im Oberboden auf und steht in Zusammenhang mit periglazialen Prozessen (Wechsel von Frost und Auftauen). Solifluktion ist für periglaziale Gebiete charakteristisch und hier der wichtigste Abtragungs- und Transportprozess, jedoch nicht auf diese beschränkt.

Ursache ist das Auftauen von Oberbodenschichten bis etwa einem Meter Tiefe (in Ausnahmen bis zu zwei Meter) bei einer gewissen Neigung des Reliefs. Die Auftauschicht (der active layer: „aktive Schicht“) des Bodens ist meist wassergesättigt, da insbesondere der Permafrost – in wärmeren Klimaten das Gestein oder bestimmte Böden im Untergrund – ein Versickern des Wassers verhindern. Die Wassersättigung setzt die Reibung im Bodenmaterial herab, was die hangabwärtsgerichtete Fließbewegung ermöglicht. Solifluktion wirkt schon bei sehr flachen Hängen ab ca. 2° Neigung, ist jedoch typisch für Neigungswinkel von 17 bis 27°.

Man unterscheidet zwischen gebundener Solifluktion bei vegetationsbedeckter Oberfläche und ungebundener Solifluktion bei weitgehend vegetationsloser Oberfläche. Typische Formen der gebundenen Solifluktion sind Solifluktionsloben (wulstförmige Zungen) und Solifluktionsterrassen, die durch die Behinderung der Massenbewegung durch Vegetation entstehen (Rasenwälzen). Die Formen ungebundener Solifluktion kann man in geregelte und ungeregelte Solifluktionsformen unterteilen. Ungeregelte Solifluktion verursacht die Bildung von so genannten amorphen Solifluktionsschuttdecken, wie sie für das Periglazial Mitteleuropas typisch sind. Während Schuttloben und Blockzungen aufgrund ansatzweiser Sortierung (Konzentration von Grobmaterial im Stirnbereich) als Übergangsstadium anzusehen sind, sind die Formen geregelter Solifluktion durch Zusammenwirken von Solifluktion und Frostsortierung entstanden (Frostmusterboden). Nichtsortierte Streifen sind Vegetationsstreifen mit zwischen geschalteten vegetationsfreiem Feinmaterial. Sortierte Streifen bestehen aus Streifen von Fein- und Grobmaterial, welche sich abwechseln. Die Streifen sind dabei immer gefälleparallel.

Da Prozesse der Solifluktion außerhalb der subpolaren Gebiete vor allem zwischen der Wald- und Schneegrenze der Hochgebirge auftreten, wurde hierfür der geomorphologische Begriff der Solifluktionsstufe gebildet.

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