Subsistenzwirtschaft
Wirtschaftsweise vorwiegend im Bereich der Landwirtschaft, deren Produktionsziel ganz oder nahezu ausschließlich die Selbstversorgung der Besitzer und deren Familien ist. Subsistenzwirtschaft umfasst auch die Erträge aus Jagen und Sammeln. Sie stellt ein geschlossenes, autarkes System dar, in dem ohne Marktorientierung und Gewinn produziert wird. Subsistenzwirtschaft ist nicht arbeitsteilig organisiert im Vergleich zum absatzorientierten, kommerzialisierten Betrieb. Reine Subsistenzwirtschaft findet sich heute höchstens noch in entlegenen Rückzugsgebieten der Gebirge, Regenwälder oder Trockenräume. Zu ihrem Rückgang trug zunächst das Aufkommen der Eisenbahnen bei, im Rahmen der Globalisierung verlor sie noch weiter an Bedeutung.
In einem weiteren Sinne wird auch bei einem Marktanteil bis zu 25 % des Rohertrages noch von Subsistenzwirtschaft gesprochen. So definiert ist sie in vielen Entwicklungsländern bis heute weit verbreitet und umfasst schätzungsweise in Lateinamerika noch 30 - 40 %, in Afrika über 50 %, in Äthiopien sogar 82 % der Agrarproduktion. Dort hat sie beim gleichzeitigen Fehlen sozialer Sicherungsnetze weiterhin eine große Bedeutung und auch Berechtigung. In Industrieländern ist der von den Produzenten selbst verbrauchte Anteil der Agrarproduktion sehr gering (Bundesrepublik 11 %, USA 3 %, UK 1 %).
Subsistenzwirtschaft kommt größtenteils in einer der drei folgenden Formen vor: shifting cultivation, intensive Subsistenzlandwirtschaft (s. u.), Weidewirtschaft. Da immer mehr Kleinbauern von der Subsistenz- und Tauschwirtschaft in die Schattenwirtschaft des informellen Sektors überwechseln, werden diese Bodennutzungs- und Viehhaltungssysteme allmählich aufgegeben oder modifiziert.
Mögliche weitere Kennzeichen der Subsistenzwirtschaft:
- Meist Beschränkung auf den Anbau weniger Grundnahrungsmittel (z.B. Getreidearten, Maniok, Süßkartoffeln), z.T. verbunden mit Viehhaltung
- Lebensstandard und technische Entwicklung i.a. niedrig
- ungünstige Naturgrundlagen, Kleinbetriebe mit unzureichender Nutzfläche und Kapitalausstattung
- mangelhafte Verkehrsverbindungen zu Marktzentren
- Furcht vor dem Marktrisiko
- hemmende Bindungen an traditionelle Wirtschaftsformen
- Vorteile: Sicherung der Existenzgrundlage großer Teile der Bevölkerung mit geringer Kaufkraft, geminderte Abhängigkeit von der Markt- und Preisentwicklung, Gewinnstreben und Einkommensunterschiede bleiben gering, soziale Stabilität als Folge
- Nachteile: Oft einseitige und ungenügende Ernährung, völlige Abhängigkeit von den örtlichen Naturgrundlagen, unelastische, durch Marktkonkurrenz wenig oder nicht stimulierte Bodennutzung; Gefahr der Unterversorgung der städtischen Bevölkerung
Intensive Subsistenzwirtschaft
Intensive Subsistenzwirtschaft ist charakterisiert durch hohen Arbeitseinsatz und die Verwendung von Düngemitteln auf relativ kleinen Landflächen. Die Kultivierung von Reisfeldern, die beständig Arbeit zum Aufbau und Unterhalt sowie präzises Bewässern zu ganz bestimmten Zeiten erfordert, gilt als das typischste Beispiel. Gut über eine Milliarde Menschen in Süd- und Südostasien sind in diese Wirtschaftweise eingebunden. Anders als das extensive System der shifting cultivation kann der Intensivanbau mit dem Ziel der Selbstversorgung die Existenz der Bevölkerung auch in diesen dichter besiedelten Räumen gewährleisten.