Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Gewässerbelastung

Bezeichnung für jegliche Veränderung von Gewässern mit negativen Folgen für das Wasser und die Umwelt. Eine Gewässerbelastung wird zumeist durch Abwässer, insbesondere durch deren organische Inhaltsstoffe hervorgerufen und führt zur Reduktion des Sauerstoffgehalts im Wasser. Dieses kann u.a. durch die Summenparameter BSB, CSB und TOC bzw. deren Kombinationen charakterisiert werden. Nährstoffe können zu Algenblüten führen, Schadstoffe, wie Pflanzenschutzmittel und Schwermetalle auf Organismen giftig wirken. Weitere Beeinträchtigungen des natürlichen Gewässerzustandes erfolgen u.a. durch die Erwärmung des Wassers.

Gewerbliche und häusliche Abwässer erfahren weitgehend eine Reinigungsbehandlung. Als Folge verschiebt sich das Schwergewicht vieler Gewässerbelastungen auf die landwirtschaftlichen Anteile. Ein Teil der Gewässerbelastungen gelangt durch Erosion und Abschwemmung von Bodenpartikeln (vor allem bei Phosphat und Pflanzenschutzmitteln) in die Oberflächengewässer.

Einträge von Phosphor-Stickstoffverbindungen und Pestiziden belasten in Deutschland und Europa schon seit vielen Jahrzehnten Grund-
wasser, Bäche, Flüsse, Seen, Küstengewässer und Meere. Bisherige Minderungsmaßnahmen wie das Atrazinverbot (1991), die Novellierungen des Pflanzenschutzgesetzes (1996) und der Düngeverordnung (1996, verschärft 2007, aktuelle Fassung 2017) haben nur partiell Wirkung gezeigt.

Die Nitratbelastungen wurden verglichen mit dem Beginn der 1990er Jahre gesenkt (vgl. Nitratberichte). In den letzten Jahren ist dieser Abwärtstrend allerdings zum Erliegen gekommen. Regional sind steigende Trends zu verzeichnen. Der prozentuale Anteil der landwirtschaftlich verursachten Gewässerbelastungen ist erheblich gestiegen, da Kommunen und Industrie in den vergangenen Jahren ihre Einträge (mit zum Teil teuren Maßnahmen) deutlich senken konnten.

Stickstoff ist ein wertvoller Nährstoff für Pflanzen und gelangt in Form von mineralischem Stickstoff, Jauche und Gülle sowie mit Gärresten auf den Boden. Stickstoff, der nicht von Pflanzen aufgenommen oder im Boden festgelegt wird, kann ins Grundwasser oder in die Oberflächengewässer verlagert werden.

Eine Maßzahl für die potenziellen Stickstoffeinträge in Grundwasser, Oberflächengewässer und die Luft ist der aus einer Stickstoffgesamtbilanz ermittelte Stickstoffüberschuss. Die Stickstoffgesamtbilanz berechnet sich aus der Differenz zwischen Stickstoffflüssen in die Landwirtschaft und Stickstoffflüssen, die aus ihr herausgehen. Der errechnete Überschuss ist ein Mittelwert für Deutschland. Regional und betriebsspezifisch ergeben sich sehr starke Unterschiede, welche vornehmlich auf unterschiedliche Viehbesatzdichten zurückzuführen sind. Um durch Witterung und Düngerpreis verursachte jährliche Schwankungen auszugleichen, wird ein gleitendes 5-Jahresmittel für das jeweils mittlere Jahr angegeben. Die Ergebnisse der Bilanzierung zeigen, dass trotz eines tendenziellen Rückgangs auch heute noch zu hohe Stickstoffüberschüsse entstehen (siehe Abbildung 28). Von 1993 bis 2012 ist der Stickstoffüberschuss im gleitenden 5-Jahresmittel von 117 kg/ha und Jahr (kg/ha*a) auf 95 kg/ha*a gesunken. Das entspricht einem Rückgang des jährlichen Überschusses seit 1992 um etwa 20 %. Ziel der Bundesregierung ist es, den Stickstoffüberschusses bis 2030 auf 70 kg/ha und Jahr zu reduzieren104. Um die Gewässerschutzziele (z. B. das Einhalten des Grundwasserschwellenwertes von 50 mg Nitrat je Liter), aber auch die Ziele zur Luftreinhaltung zu erreichen, werden von der Kommission Landwirtschaft am Umweltbundesamt (KLU) sogar noch geringere Gesamtbilanzüberschüsse von max. 50 kg/ha*a gefordert.

Das Bild beim Phosphor ist etwas besser: Die Phosphorgehalte der Böden waren wegen regelmäßiger Phosphorüberschüsse in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gestiegen. Inzwischen sind viele Böden überversorgt, jedoch haben die Landwirte darauf reagiert und düngen zumindest mineralisch nur noch wenig. Die Phosphorüberschüsse sind inzwischen nahe Null. Als Problem verbleiben überversorgte Böden, auf die z. B. in viehstarken Regionen weiterhin durch das Ausbringen von Gülle und Mist Phosphor aufgebracht werden darf.
Durch Gülle und Mist können zudem auch Tierarzneimittelwirkstoffe aufgebracht werden, die dann je nach Beschaffenheit des Bodens in das Grundwasser versickern oder durch Abschwemmung bei Starkregenereignissen in Oberflächengewässer gelangen können. Ergebnisse aus einem Forschungsvorhaben105 zeigen jedoch, dass Tierarzneimitteleinträge in das Grundwasser bisher nur in Ausnahmefällen nachgewiesen werden konnten.

Auch der Eintrag von Pflanzenschutzmitteln belastet die Gewässer: Pflanzenschutzmittel (PSM) sind hochwirksame chemische und biologische Stoffe, die zum Schutz von Kulturpflanzen vor Schädlingen oder der Konkurrenz durch Wildkräuter in großen Mengen (ca. 110.000 t Inlandsabgabe im Jahr 2015) direkt in die Umwelt ausgebracht werden. Durch die Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes und die Veränderung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln wurden in den letzten Jahrzehnten viele Mittel verboten oder nur mit Beschränkungen zugelassen. Dadurch hat sich zwar das Wirkstoffspektrum geändert und die Belastung der Gewässer insgesamt deutlich verringert, die Verkaufsmengen der Wirkstoffe blieben jedoch im Zeitraum von 2003 bis 2015 nahezu unverändert.

Die mengenmäßig größten Gewässerbelastungen aus der Landwirtschaft entstehen durch

Außerdem werden Gewässer belastet durch

Dieser Entwicklung zu begegnen, ist Aufgabe einer umwelt- und sozialverträglichen Landwirtschaft mit ihrer Einhaltung der guten fachlichen Praxis, die im landwirtschaftlichen Fachrecht geregelt ist. Mit dem Wasserhaushaltsgesetz, dem Düngemittelgesetz und dem Pflanzenschutzgesetz sowie den EG-Richtlinien über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (umgesetzt mit der Düngeverordnung) wurden bereits wesentliche rechtliche Regelungen für eine umweltverträgliche Landwirtschaft getroffen, die z.T. jedoch verbesserungs- und konkretisierungsbedürftig sind und vor allem vollzogen werden müssen. Beispielsweise ist auch die Erhebung einer europaweiten "Düngemittelsteuer" denkbar. Mit den Steuereinnahmen können Landwirte gefördert werden, die weniger Stickstoff einsetzen, also beispielsweise die Methoden des ökologischen Landbaus verfolgen.

Gewässerrandstreifen sollten vorrangig dort angelegt werden, wo intensive landwirtschaftliche Nutzungen naturnahe Gewässereigenschaften verdrängt haben und wo im Interesse des Gewässerschutzes der Schutz vor Bodenerosion geboten ist. Die Umwandlung von Ackerland in Grünland, schonende Bodenbearbeitung sowie gewässerbegleitende, standortgerechte Bepflanzung können diese Zielsetzung unterstützen. Die Verfahren des integrierten Landbaus mit ihren Möglichkeiten zum geringen Pflanzenschutzmitteleinsatz sind flächendeckend einzusetzen. Die Förderung des ökologischen Landbaus bietet sich aufgrund weitgehend geschlossener Stoffkreisläufe insbesondere in wasserwirtschaftlichen Problemgebieten an.

Wesentliche Einsparungspotentiale ergeben sich aus der Tierernährung. Beim Stickstoff wird eine Effizienz der eingesetzten Nährstoffe als Verhältnis von Aufwand zur Verwertung von nur 16 % erreicht und beim Phosphor von 32 %. Erhebliche Reduzierungen der Nährstoffausscheidungen sind durch Futterzusatzstoffe zu erzielen, wie z.B. den vermehrten Einsatz von reinen Aminosäuren und verwandten Verbindungen, sowie den Einsatz von Enzymen und schließlich durch optimierte Fütterungsmaßnahmen (z.B. bedarfsangepasste Rationen).

Zu Informationen über Belastungen des Grundwassers, von Flüssen, Seen und der Meere sei auf die entsprechenden Abschnitte der UBA-Publikation "Wasserwirtschaft in Deutschland", S. 74 ff verwiesen. Auf den S. 176 ff finden sich landirtschaftsspezifische Maßnahmen zum Gewässerschutz.

Weitere Informationen:

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