Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Agropastoralismus

Bezeichnung (von lat. ager = Acker und pastor = Hirte, Hüter) für subsistenzorientierte, traditionelle Wirtschaftsformen, bei denen Feldbau und Pastoralismus (Viehhaltung auf Naturweiden) miteinander kombiniert werden und beide Teilbereiche einen wichtigen Beitrag zum Lebensunterhalt leisten.

Der Pastoralismus ist eines der nachhaltigsten Ernährungssysteme der Welt. Viehhirten bewirtschaften mehr als ein Viertel der weltweiten Landfläche, erhalten die biologische Vielfalt der Weideflächen und schützen die Ökosystemleistungen. Sie produzieren qualitativ hochwertige Milch und Fleisch, die gesünder sind und geringere Auswirkungen auf die Umwelt haben als ähnliche Produkte aus intensiven Systemen, sowie andere hochwertige Produkte wie Fasern und Leder.

Die Lebensweise agropastoraler Gruppen ist je nach den Gegebenheiten sesshaft, halbsesshaft oder halbnomadisch. Findet der Weidewechsel zwischen Ebene und Gebirge statt, spricht man in Bezug auf die Viehhaltung von Transhumanz (Wanderweidewirtschaft). Der Getreideanbau erfordert in jedem Fall einen festen Wohnsitz (zumindest für einige Jahre), während die Viehhaltung in manchen Jahren oder in Trockenräumen einen Wechsel des Weidelandes verlangt. Agropastoralisten nutzen daher feste Wohnsitze und zum Teil verschiedene mobile Behausungen.

Mit Abstand am häufigsten ist Agropastoralismus in tropischen Offenlandschaften mit mehr als 400 mm bis über 600 mm Jahresniederschlag, in denen eine weitgehend stationäre Beweidung möglich ist. In subtropischen und trocken-mediterranen Gebirgsregionen mit Niederschlägen zwischen über 300 bis maximal 400 mm ist ein transhumanter Weidewechsel erforderlich. In noch niederschlagsärmeren Gebieten – die sehr weite Viehwanderungen notwendig machen – ist eine agropastorale Subsistenzstrategie nur dann möglich, wenn der Feldbau in einer Oase oder mit Hilfe dauerhafter Bewässerung stattfinden kann. Insgesamt leben zwischen 160 bis zu 460 Mio. Menschen von überlieferten Formen sesshafter oder halbsesshafter Tier- und Pflanzenproduktion. Da diese Wirtschaftsweisen je nach Erhebung mal dem Feldbau und mal dem Pastoralismus zugerechnet werden, ist eine genauere Zahl nicht ermittelbar.
Reiner Pastoralismus setzt eine Produktion voraus, die den Eigenbedarf übersteigt, um Pflanzenprodukte dafür eintauschen oder kaufen zu können. Agropastoralisten können hingegen Selbstversorger sein und haben daher meist kleinere Herden. In der Regel bieten sie nicht mehr als 10 % ihrer Produkte auf lokalen Märkten an.

Während der europäische Agropastoralismus im Zuge der Gemeinheitsteilung während des 19. Jahrhunderts stark abgenommen hat, ist er in Asien und insbesondere in Afrika weit verbreitet und gilt in vielen Gegenden als ökologisch nachhaltige Art der Landnutzung.

Globale Karte des Pastoralismus

Weltweit praktizieren zwischen 200 und 500 Millionen Menschen Pastoralismus, darunter Nomadengemeinschaften, transhumante Hirten und Agro-Pastoralisten, von denen viele sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Die Fortschritte in den pastoralen Gebieten bleiben im Allgemeinen hinter denen anderer Gemeinschaften zurück, was zu Armut und Verwundbarkeit führt, wodurch die Nachhaltigkeit des Systems untergraben wird.

Quelle: UNEP

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