Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Agrophotovoltaik (APV)

Auch Agriphotovoltaik; engl. agrivoltaics oder agrophotovoltaics (APV); Agrophotovoltaik (APV) ist ein Anbausystem zur Produktion von landwirtschaftlichen Gütern unterhalb oder inmitten von PV-Freiflächenanlagen, das die Erträge aus Photovoltaik und Photosynthese insgesamt optimiert. Das Konzept, das 1981 von Prof. Dr. Adolf Goetzberger, Gründer des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, erdacht wurde, mildert durch die ressourceneffiziente Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen die Flächenkonkurrenz und hilft Landwirten, neue Einkommensquellen zu erschließen. Das technisch erschließbare Agrophotovoltaik-Potenzial in Deutschland wird auf 25 bis 50 GWp geschätzt.

Eine Agrophotovoltaik-Anlage (APV) ist in der Regel eine Freiflächenanlagen, die mit einer landwirtschaftlichen Produktion funktional kombiniert wird. Häufig werden dazu die Solarmodule auf Gestellen in Höhen von 4 bis 5 m über dem Boden bzw. der Anbaufläche schräg aufgeständert, sodass unter der Anlage eine maschinelle Bearbeitung der Ackerfläche (Pflügen, Saat, Ernte etc.) möglich ist. Zu den teilverschattet angepflanzten Pflanzensorten zählen u.a. Kartoffeln, Hopfen oder Salat. Aber auch Gerste, Raps oder Kohl lassen sich so anbauen.

Agrophotovoltaik

Für die Landwirtschaft bietet sich die Möglichkeit unabhängiger Stromerzeugung. Zusätzlich zu Kosteneinsparungen durch Eigenverbrauch ergeben sich neue Verdienstmöglichkeiten durch die Einspeisung des selbsterzeugten Stroms in das lokale Versorgungsnetz. Zukünftig ist es denkbar, die APV mit neuen Technologien wie Stromspeichern zu kombinieren und die Nutzung der erzeugten Energie auf Landmaschinen und andere Fahrzeuge auszuweiten.

Quelle: Fraunhofer ISE

In Deutschland werden Projekte zur APV vom Fraunhofer ISE begleitet und von Universitäten sowie Behörden auf verschiedenen Ebenen unterstützt. Ein Modellprojekt wird beispielsweise in der Hofgemeinschaft Heggelbach nördlich des Überlinger Sees (Baden-Württemberg) durchgeführt.

Internationale Anwendungen von Agro- und Aquaphotovoltaik

Agrophotovoltaik wird seit 2004 massiv in Japan eingesetzt, und danach verbreitete sich APV in Asien und Europa. Die Agrophotovoltaik gewinnt zunehmend auch in Entwicklungs- und Schwellenländern an Bedeutung. Aufgrund der häufig höheren Solareinstrahlung kann die Photovoltaik einen noch höheren Ertrag erbringen und die Verschattung durch die Module ermöglicht es, Kulturpflanzen anzubauen, die von einer weniger starken Sonneneinstrahlung profitieren.

Das Potenzial der Agrophotovoltaik für aride und semi-aride Regionen wird als sehr groß eingeschätzt, da dort große Teile der Bevölkerung von der Landwirtschaft leben, die von Trockenheit, Wüstenbildung und Wassermangel infolge des Klimawandels besonders stark betroffen sind. Durch die partielle Verschattung von Ackerflächen senken Agrophotovoltaik-Anlagen nachweislich den Bedarf an der wertvollen Ressource Wasser und bieten Nutztieren Schatten. Auch Fruchtarten, die normalerweise aufgrund des trockenheißen Klimas und der starken Sonneneinstrahlung nicht wachsen würden, können in einem Agrophotovoltaik-System kultiviert werden.

Der Strom selbst kann dann für den Betrieb von Wasserpumpen oder -entsalzungsanlagen oder im Veredelungsprozess wie Reinigung, Verpackung oder Kühlung eingesetzt werden, um die landwirtschaftlichen Produkte noch haltbarer und besser vermarktbar zu machen. In netzfernen Regionen bedeuten bereits wenige Solarmodule zudem eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität, Zugang zu Informationen, Bildung und einer besseren medizinischer Versorgung.

Aber auch in humiden Zonen wie in Asien bietet der Einsatz von Agro- bzw. Aqua-Photovoltaik Vorteile. So konnte im vietnamesischen Mekong Delta, wo sich ein Landnutzungskonflikt zwischen Aquakulturen und erneuerbaren Energien abzeichnete, im Projekt SHRIMPS ("Solar-Aquaculture Habitats as Resource-Efficient and Integrated Multilayer Production Systems") nachgewiesen werden, dass der Einsatz von Photovoltaik auf Shrimpsfarmen (Aqua-Photovoltaik) den Ausbau erneuerbarer Energien und so Maßnahmen gegen den Klimawandel ermöglichen, während gleichzeitig die Shrimps-Produktion bei verbessertem Schutz der Wasserressourcen sowie Verringerung von Landnutzung und CO2-Emissionen ausgebaut wird.

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