Zuchtform (Obstgehölze)
Der Begriff 'Zuchtform' bezieht sich auf die sichtbare Wuchsform der betreffenden Obstgehölze. Die gewünschte Art des Einsatzes stellt die Anforderung für unterschiedliche Formen. Für eine Streuobstwiese müssen die Bäume hochstämmig und widerstandsfähig sein und eine bequeme Mahd oder Beweidung der Wiese unter den Bäumen erlauben. Im Garten sollen Bäume oftmals bequem zu ernten sein und werden daher mit kürzerem Stamm und kleinerem Kronenvolumen gewählt. Der plantagenartige Erwerbsobstbau benötigt seine Pflanzen günstigerweise in direktem Zugriff, ohne Leitern zu benutzen und ist auf einen schnellen Eintritt der Ertragsphase angewiesen. Hier werden die kleinsten Formen der Obstbäume verwendet.
Die von der Baumschule erzeugten Formen wie die Hoch- und Halb-Stämme, sowie die Buschbäume, geben mit ihrer Kombination, der Wurzel, als der leistungsbestimmenden Unterlage und des, die Sorte bestimmenden Edelreises, eine Ausgangsstruktur vor, die von dem Besitzer mit Hilfe des Obstbaumschnittes über die gesamte Lebenszeit des Baumes entwickelt und erhalten wird. Der Schnitt für alle Baumformen nutzt natürlich die gleichen physiologischen Grundlagen, allerdings muss deren Umsetzung an die Anforderungen der jeweiligen Formen angepasst werden.
Hochstamm | Als Hochstamm bezeichnet man Obstbäume, deren Kronenansatz in mindestens 180 – 220 cm Höhe liegt (gültige bundesweite Norm seit 1995). Um diese Form zu erreichen, werden in der Baumschule in den ersten Jahren nach der Aussaat bzw. Veredelung sämtliche Seitenäste und im dritten Jahr alle Äste unterhalb der gewünschten Kronenhöhe entfernt. |
Halb- und Niederstamm | Als Halbstämme bezeichnet man Bäume, deren Kronenansatz etwa zwischen 100 cm und 160 cm liegt. Bei Niederstämmen beginnt die Krone schon ab 80–100 cm Höhe. |
Buschbaum | Büsche und Spindelbüsche haben eine Stammlänge von etwa 40–60 cm. Diese Baumform wird durch Wahl einer entsprechend schwach wachsenden Unterlage und einen Erziehungsschnitt zur Anlage der kronenbildenden Äste erreicht. Zwar benötigt ein Niederstamm zeitlebens einen an seine Physiologie angepassten Schnitt, aber die gesamte Größe der Pflanze wird fast vollständig durch die Leistungsfähigkeit der Wurzelunterlage bestimmt. Zusätzlich ist auch diese Wurzel derart schwach ausgebildet, dass die konventionelleren Formen permanent einen Stützpfahl oder das Anbinden an eine Drahtanlage benötigen. |
Spindelbusch | Der deutsche Obstbaupionier Otto Schmitz-Hübsch legte 1896 die ersten Apfel- und Birnenplantagen mit Niederstämmen an und entwickelte damit das, was man heute als Dichtpflanzung (engl. high-density planting) bezeichnet. Schmitz-Hübsch war es auch, der Anfang der 1930er Jahre den Spindelbusch (Schlanke Spindel) in Bornheim-Merten einführte. Diese Arbeiten wurden um 1950 in England von Gordon McLean unter dem Namen Pillar weiterentwickelt. Wiederum über holländische Pflanzungen wurde die Schlanke Spindel bereits 1960 wieder in Südhessen eingeführt, jedoch setzte sich diese Anbauform erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weltweit durch. Heute sind etwa neun von zehn Apfelbäumen in Europa Spindelbüsche. |