Pflanzenfasern
Dickwandige, langgestreckte, an den Enden zugespitzte, abgestorbene Zellen des Festigungsgewebes (Sklerenchym) pflanzlicher Herkunft. Diese können in Blättern (Blattfasern), Stängeln (Stängelfasern), Wurzeln oder Fruchtwänden (Fruchtfasern) mancher Pflanzenarten, den sogenannten Faserpflanzen auftreten.
Der Hauptbestandteil von Pflanzenfasern ist Cellulose, ein Polysaccharid, welches aus mehreren hunderten bis zehntausenden Beta-D-Glucosemolekülen aufgebaut ist. Sie sind mehr oder weniger stark verholzt (Verholzung). Die oft ungewöhnlich langen (beim Ramie-Strauch bis über 50 cm) und nur 5 bis 35 μm dicken Zellen sind meist zu Sklerenchymsträngen und -schichten vereinigt und tragen wesentlich zur Biege- und Zugfestigkeit (Biomechanik) der pflanzlichen Organe bei.
Das Längen-Durchmesser-Verhältnis (Streckung) von Pflanzenfasern liegt über 1:100, d.h. sie sind 100mal länger als ihr Durchmesser. Dabei liegt die Länge der einzelnen Zellen zumeist unter einem Millimeter. Eine Ausnahme bildet die Baumwolle (Samenfaser), deren Faser-Zell-Länge bis knapp 40 mm betragen kann.
Man unterscheidet:
- Bastfasern:
Bastfasern wie Flachs, Hanf, Jute, Kenaf, Mesta und Nessel sowie Ramie werden aus dem Bastteil der Pflanzen gewonnen. Bastfasern sind weicher als Hartfasern und eignen sich daher relativ gut zum Verspinnen und zur Textilproduktion sowie zur Herstellung von Non-Woven (Vlies-Stoff). - Hartfasern:
Hartfasern (auch Blattfasern genannt) wie Sisal und Abaca werden aus den Blättern (Sisal) und den Scheinstämmen (Abaca) der Pflanzen gewonnen. Sie eignen sich vor allem zum Verspinnen zu groben Garnen und der Herstellung entsprechender Gewebe. - Andere Fasern:
Bekannte Nicht-Bast-/Nicht-Hartfasern sind Baumwollfasern (Samenfaser) und Kokosfasern (Fruchtfaser). Baumwollfasern eignen sich aufgrund ihrer Stapellänge von ca. 35-40 mm und ihrer Verdrehung sehr gut zur Garnherstellung. Bekannte Anwendungen für Kokosfasern sind Matratzen und Polsterung.
Bast- und Hartfasern liegen im Verbund mit anderen Pflanzenkomponenten vor. Fruchtfasern wie z.B. Baumwolle sind Bestandteil des Fruchtstandes bzw. der Frucht (z.B. Kokosfasern).
Die Gewinnung von Bast- und Hartfasern erfolgt durch den sogenannten Faseraufschluss. Dabei werden durch mechanische Prozesse die Fasern freigelegt und anschließend gereinigt.
Faserpflanzen bestehen aus mehr als nur Fasern. Diese Komponenten fallen bei der Fasergewinnung, dem sogenannten "Aufschluss", als Neben- oder sogenannte Koppelprodukte an. Aus ökologischen und ökonomischen Gründen legen die Faseraufbereiter Wert darauf, das auch sie verwendet werden.
Verwendung
Pflanzenfasern bilden seit Jahrtausenden die Grundlage für zahlreiche Produkte. Zumeist zu Garnen versponnen, dienten sie als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Schnüren, Stricken und Tauen (z.B. für die Seefahrt). Zu Sackwaren oder Tüchern verwoben, wurden daraus Verpackungswaren, Segel und Bekleidung hergestellt.
Unverarbeitet dienen die Fasern auch heute noch als Dichtmittel bei der Verschraubung von Wasserrohren.
Zu Pulpe verarbeitete Fasern finden weiterhin Einsatz in reissfesten Papieren wie Banknoten und Spezialpapieren (z.B. als Ladungsträger für Hochleistungskondensatoren im Elektronik-Bereich).
Ihr geringes Gewicht und ihre Recyclingfähigkeit machen sie seit Jahren zu einem interessanten Werkstoff für die Automobilindustrie. Sie sind heute in vielen Fahrzeugen der Mittel- und Oberklasse in Türverkleidungen, Kofferraumböden und Sitzrückenverkleidungen zu finden.
Bei der Fasergewinnung (Faseraufschluss) fallen neben den Fasern in unterschiedlich großen Mengen Koppelprodukte an. Bei den Bastfaserpflanzen spricht man hier von Schäben. Bei den Hartfaserpflanzen ist es die fleischige Blattsubstanz, die abgequetscht wird. Die anfallenden Schäben werden in verschiedener Form genutzt, z. B. als Einstreu oder als Baustoff.
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