Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Apfel

Frucht des Apfelbaums; Apfelbäume gehören zur Gattung der Kernobstgewächse (Pyrinae) aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae).

Die Gattung umfasst etwa 42 bis 55 Arten laubwerfender Bäume und Sträucher aus Wäldern und Dickichten der nördlichen gemäßigten Zone in Europa, Asien und Nordamerika, aus denen auch eine große Anzahl an oft schwer unterscheidbaren Hybriden hervorgegangen ist. Nach Schätzungen soll es heute weltweit 20- 30.000 Apfelsorten geben.

Merkmale

Der traditionelle Kulturapfel ist ein sommergrüner Baum, der im Freistand eine etwa 8 bis 15 Meter hohe, weit ausladende Baumkrone ausbildet. Er wird bis zu hundert Jahre alt.

Tatsächlich ist diese Wuchsform selten zu beobachten, da die einzelnen Sorten in Verbindung mit ihren Unterlagen eine davon oft stark abweichende Wuchshöhe zeigen (als Extremfälle der Hochstamm und der Spindelbusch), die darüber hinaus durch den Schnitt nicht zur Ausprägung kommt.

Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind oval, rund bis eiförmig oder elliptisch, meist gesägt, selten ganzrandig und manchmal gelappt.

Die Apfelfrucht stellt botanisch eine Sonderform der so genannten Sammelbalgfrucht dar. Der Apfel ist eine Scheinfrucht, denn das Fruchtfleisch wird aus dem Blütenboden gebildet. In diese ist die eigentliche Frucht, das Kerngehäuse mit den Apfelkernen, eingebettet.

Der Apfel ist selbststeril und vermehrt sich somit nur über Fremdbefruchtung, wobei die Blüten über Insekten (Bienen) bestäubt werden. Im Anbau von Kulturarten werden die verschiedenen Sorten über Klonen und Pfropfen vermehrt.

Abgesehen von der Quitte blüht der Apfelbaum als letzter der mitteleuropäischen Obstbäume.

Das Aroma eines Apfels wird stark geprägt durch das Verhältnis von Zucker zu Säure. Aber auch die Verträglichkeit und Eignung für bestimmte Zwecke hängen vom Gehalt an diesen Inhaltsstoffen ab. Zu den säurereichsten Sorten zählt 'Boskoop' (11 %), am anderen Ende der Skala stehen 'Gala' und 'Delbarestivale' (4 %).

Viele Apfelsorten bilden übrigens natürlicherweise eine Wachsschicht, die je nach Sorte unterschiedlich stark ausfällt. Beispielsweise bilden Granny Smith und Jonagold eine dicke Wachsschicht, die sich fettig anfühlt. Sie schützt vor dem Austrocknen und erhöht die Haltbarkeit. In Deutschland ist das künstliche Wachsen von Äpfeln nicht erlaubt, in anderen europäischen Staaten allerdings schon. Dies muss dann mit dem Hinweis "gewachst" gekennzeichnet werden. Da zum Wachsen vor allem natürliche Wachse wie Bienenwachs zum Einsatz kommen, können gewachste Äpfel auch mit Schale gegessen werden.

Ansprüche

Die Kultur gelingt am besten in mäßig nährstoffreichem, feuchtem, aber wasserdurchlässigem, d.h. gut durchlüftetem Boden. Der optimale pH-Wert liegt bei 5,5 bis 6,5. Apfelbäume bevorzugen sonnige, warme Lagen, vorzugsweise luftig. Äpfel sind frosthart. Die Keimlinge (aus den Kernen = Samen) eines Apfels sind nie sortenrein. Für die Erhaltung und Zucht von Apfelsorten eignen sich daher nur die unterschiedlichen Techniken der vegetativen Vermehrung.

Herkunft

Eine Wildart, die als Ausgangsform für die Kulturart Malus domestica gilt, ist der hauptsächlich in Europa verbreitete Holzapfel (Malus sylvestris). Als eine weitere gilt die im asiatischen Raum vorkommende Wildart Malus sieversii. Der Holzapfel ist von Mitteleuropa bis Asien verbreitet. Sein Ursprungsgebiet ist vermutlich Asien. Noch heute kommt der Wildapfel an den Gebirgshängen oberhalb von Alma Ata – der "Stadt des Apfels" – in Kasachstan vor. Genetisch betrachtet ist der heutige Kulturapfel jedoch ein Hybridkomplex, da mehrere Arten an der Entstehung beteiligt waren.

Die Kultivierung des Garten-Apfelbaums wird nachweislich seit dem Neolithikum (Jungsteinzeit) betrieben. Über das antike Griechenland kam der Apfel zu den Römern, durch sie kam er etwa im Jahre 100 v. Chr. nach Frankreich und Deutschland. Ab diesem Zeitpunkt gewann der Anbau an Bedeutung. Die intensivste Züchtungstätigkeit fand im 19. Jahrhundert statt.

Bedeutung

Äpfel werden sowohl als Nahrungsmittel im Obstbau als auch zur Zierde angepflanzt. Außerdem wird ihnen eine Wirkung als Heilmittel zugeschrieben. Als die Frucht schlechthin symbolisieren Apfel und Apfelbaum die Themenbereiche Sexualität, Fruchtbarkeit und Leben, Erkenntnis und Entscheidung sowie Reichtum.

Der Apfel ist das bedeutendste Fruchtobst der gemäßigten Breiten. Durch Domestikation und Kreuzung zahlreicher Arten der gemäßigten und subtropischen Breiten sind die heutigen Sorten entstanden. Die weltweit mit Abstand bekannteste und wirtschaftlich sehr bedeutende Art ist der Kulturapfel oder Gartenapfel (Malus domestica). Genetischen Anteil am Gartenapfel (Malus domestica) haben unter anderem verschiedene Unterarten von Holz-Apfelbaum oder Wald-Apfelbaum (Malus sylvestris, Europa und Westasien), Splitt-Apfelbaum oder Doucin-Apfelbaum (Malus mitis), Johannis-Apfelbaum oder Paradies-Apfelbaum (Malus pumila, Europa und Ostasien), vom Pflaumenblättrigen Apfelbaum (Malus prunifolia) und Korallen-Apfelbaum (Malus floribunda, Japan).

Im späten Mittelalter erließen Adel und Stadtväter Gesetze zur Förderung und zum Schutz der Obstbäume. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts vergrößerte sich das Sortiment enorm, insbesondere durch zahlreiche Findlinge und Zufallssämlinge. Die Sortenzahl stieg sprunghaft an. In Deutschland waren bereits Mitte des 19. Jahrhunderts etwa 2.000 Apfelsorten bekannt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lieferte der Deutsche Pomologenverein Sortenempfehlungen für den beginnenden Erwerbsobstbau und empfahl die Vernichtung "unwerter Sorten". Damit schränkte sich die Sortenvielfalt langsam wieder ein. Insbesondere nach dem 2. Weltkrieg stand die rationelle Produktion von Tafelobst im Vordergrund. Die Folge war, dass sich das Spektrum der Obstarten weiter reduzierte, nur leistungsstarke Sorten konnten wirtschaftlich bestehen. Ab 1950 wurden sogar Abholzungsprämien für Obstbäume gezahlt, woraufhin der Bestand an Streuobstwiesen deutlich zurückging und sich die Sortenauswahl auf wenige Standardsorten einschränkte. Heute sind nur gut sechzig Sorten im Handel.

Apfel-Anbau in Niederstammform

Apfel- und Birnbäume in heutigen Obstplantagen sind in der Regel nicht höher als 3 Meter und sehr schmal. Doch das war nicht immer so: Bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts fand man im erwerbsmäßigen Obstanbau noch großkronige und hochstämmige Apfelbäume. Unter den weit ausladenden Kronen wurde damals Ackerbau und Viehhaltung betrieben. Seit den 1950er Jahren erkannte man jedoch, dass diese Anbauform wegen des hohen Arbeitsaufwands für Ernte und Pflege immer unwirtschaftlicher wurde. Dank intensiver Züchtungsarbeit wurden von da ab die Apfelbäume immer kleiner, kompakter und ertragreicher. Auf einer Fläche, auf der in den 1950er Jahren noch ein Baum stand, stehen heute etwa 10 bis 20.

Im heutigen Erwerbsapfelanbau findet man meist nur noch so genannte Niederstammformen – auch Büsche oder Buschbäume genannt –, bei denen die "Baumkrone" (Kronentragende Äste) schon in einer Höhe von etwa 40 bis 60 Zentimetern beginnt. Das heutige Bild von Kernobstplantagen ist also durch schmale, heckenartige Fruchtwände geprägt. Kleine rundkronige Niederstammbäume – auch Superspindel oder Schlanke Spindel genannt – stehen so dicht nebeneinander, dass sie schon nach wenigen Jahren eine lockere Hecke bilden. Das Baumgerüst besteht dabei nur noch aus dem Stamm. Die Seitenachsen sind Fruchtriebe oder Fruchtäste, sodass die Früchte sehr nah am Stamm wachsen. Die Wuchshöhe der Bäume wird begrenzt, damit alle Früchte ohne Leiter von Hand erreicht werden können.

Um die Wuchshöhe von Apfel- und Birnbäumen einzuschränken, werden sogenannte Edelsorten mit schwach wachsende Unterlagen „verbunden“, das heißt diese Verwachsen miteinander. Der Fachmann spricht von Veredelung. Die Unterlage bildet dabei den Wurzelteil. Aus dem darauf veredelten Zweig- oder Knospenstück der Edelsorte wächst die Baumkrone mit den Blättern, Blüten und Früchten. Die veredelten Jungbäume erhöhen zwar die Kosten für die Neuanlage einer Apfelplantage, die Arbeitskosten für Ernte und Pflege werden durch diese Baumform jedoch enorm reduziert, da alle Früchte ohne Leiter von Hand erreicht werden können.

Quelle: BZL

Wirtschaftliche Bedeutung

Weltweit wird die Zahl der Apfelsorten auf 20-30.000 geschätzt. In Deutschland wachsen viele hundert verschiedene Apfelsorten, aber nur knapp 70 davon werden überhaupt für den Erwerbsbau genutzt, von denen wiederum nur etwa 30 Sorten eine Marktbedeutung haben. Der Einzelhandel bietet durchschnittlich 4-5 Apfelsorten an. Die beliebtesten Sorten in Deutschland sind 'Elstar', 'Braeburn', die 'Gala'-Gruppe und die 'Jonagold'-Gruppe. Obst-Großhändler führen in der Regel 8-10 Sorten. In Deutschland ist der Apfel die wichtigste Baumobstart. Mehr als 24 Kilogramm isst hierzulande jeder davon.

Von den 2022 in Deutschland geernteten Äpfeln wurden mehr als 71 Prozent als Tafeläpfel verkauft, weitere 26 Prozent wurden als Verwertungs- oder Industrieobst - etwa zur Produktion von Fruchtsaft - verwendet.

Der Apfel ist der Deutschen liebtes Obst. Mehr als 24 Kilogramm isst hierzulande jeder davon. Die Hauptanbaugebiete der heimischen Erzeugung sind: Bodenseeregion, Altes Land, Borthen, Rheinland, Werder.

Räumlich konzentrierte sich der Baumobstanbau auf wenige Regionen in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Die Anbaufläche von Äpfeln lag bei rund 32.000 ha, dies sind über zwei Drittel der Baumobstanbaufläche (70 %). Rund 87 % der Äpfel zählen zu den Tafelobstsorten und 13 % zu den Wirtschaftsobstsorten.

Die Hauptapfelsorte im deutschen Anbau ist 'Elstar' mit 24,1 Prozent der Tafelapfelanbaufläche (Stand 2022). Dahinter kommen mit Abstand die Sorten 'Gala' (9,6 %), 'Braeburn' (9,3 %), 'Jonagold' (5,8 %) und 'Jonagored' (4,2 %).

Regionale Erzeugerbetriebe bieten auch sogenannte Lokalsorten an wie den 'Brettacher' aus Baden-Württemberg. Außerdem existieren zahlreiche Neuzüchtungen, und auch alte historische Apfelsorten wie der 'Finkenwerder Herbstprinz' werden in geringem Umfang wieder gewerblich angebaut.

Die ehemals große Sortenvielfalt hat sich im heutigen Intensivanbau weiter stark reduziert. Jeder Gartenbesitzer und Verbraucher kann zum Erhalt der Sortenvielfalt beitragen – unter anderem durch das Anpflanzen alter, an die Standortverhältnissse angepasster Apfelsorten im eigenen Garten, durch die Pflege von Streuobstwiesen oder den Kauf von regionalen und seltenen Sorten. .

Äpfel stehen an vierter Stelle der weltweiten Produktionsrangliste für Obstsorten – nach Zitrusfrüchten, Bananen und Trauben. Im Jahr 2018 wurden laut FAO weltweit etwa 86,1 Millionen t Äpfel geerntet. Die 20 größten Produzenten ernteten zusammen 73,5 % der Welternte. Das wichtigste Erzeugerland für Äpfel ist China mit 39.233.400 (2018), gefolgt von den USA mit 4.652.500 t.

Die größten europäischen Produzenten waren Polen (3.999.523 t), Italien (2.414.921 t) und Russland (1.859.400 t). Zum Vergleich: In Deutschland wurden im selben Jahr 1.198.517 t, in Österreich 387.954 t und in der Schweiz 222.431 t geerntet.

Die Deutschen sind die größten Apfelesser in Europa: In keinem anderen EU-Land werden so viele Äpfel verzehrt. Dabei produziert Deutschland nur etwa die Hälfte seiner Äpfel selbst, der Rest wird importiert.

Anbaufläche und Erntemenge von Äpfeln in Deutschland
Anbaufläche und Erntemenge von Äpfeln in Deutschland

Quelle: BZL 2017

Die EU-Vermarktungsnorm ordnet Früchte nach Qualität, Form und Größe in folgende drei Klassen ein: Klasse Extra, Klasse I und Klasse II. Ferner schreiben die EU-Vermarktungsnormen auch eine bestimmte Kennzeichnung von Äpfeln vor. (siehe BZfE)

Je nach Vermarktungsform und Verwendungszweck werden unterschiedliche Sorten angebaut. Beim Verkauf ab Hof und auf Wochenmärkten sind vorwiegend aromatische, handliche Früchte gefragt. Der Großhandel legt mehr Wert auf Transportfestigkeit und leichtes Handhaben im Verkauf, deshalb sind hier nur wenige Sorten gefragt und nicht immer steht bei der Auswahl der Geschmack im Vordergrund.

Tafeläpfel werden heute immer noch von Hand geerntet. Für die industrielle Verarbeitung können jedoch auch Rüttler mit Auffangschirmen eingesetzt werden.

Je nach Sorte und Reifegrad werden die Äpfel nach der Ernte direkt verkauft oder eingelagert im CA-Lager ("Controlled Atmosphere") oder ULO-Lager ("Ultra Low Oxygen"). In diesen gasdichten Kühllagern werden neben Temperatur und Luftfeuchte auch der Sauerstoff- und Kohlendioxid-Gehalt auf einem konstanten Wert und in einem bestimmten Verhältnis zueinander gehalten. Im ULO-Lager ist der Sauerstoffgehalt sogar so niedrig, dass die biologische Reifeaktivität gerade noch aufrecht gehalten wird und die Reifung der Früchte extrem verlangsamt ist.

Nutzung

Bereits die Kelten und Germanen verarbeiteten die wohl kleinen und harten Früchte des einheimischen Apfels. Sie verkochten das Obst zu Mus und gewannen Most daraus. Den Saft vergor man zusammen mit Honig zu Met.

Der Nektar des Apfels ist mit 9 bis 87 Prozent Zuckergehalt und einem Zuckerwert von bis zu 1,37 mg Zucker je Blüte pro Tag für die Bienen eine wichtige Tracht bei der Honigerzeugung. Der Kulturapfel hat im Obstbau überragende Bedeutung. Das liegt daran, dass er von allen heimischen Obstarten am vielfältigsten verwendbar ist. Es gibt vom Apfel daher die weitaus meisten Zuchtformen; er gilt in unseren Breiten als das „Obst“ schlechthin. Als Tafelobst ist der Apfel die Hauptobstart für den Frischgenuss. Seltener sind sogenante Zieräpfel.

Die nicht als Tafelobst verwendeten Äpfel werden zu verschiedenen Produkten verarbeitet:

Lagerung und Klimabilanz von Äpfeln

Je nach Sorte und Reifegrad werden die Äpfel nach der Ernte direkt verkauft oder in gasdichten Kühllagern eingelagert. Die Kombination aus niedrigen Temperaturen (0-4 Grad Celsius), niedrigem Sauerstoffgehalt, hohem Kohlendioxidgehalt und konstant hoher Luftfeuchtigkeit verlangsamt den natürlichen Alterungsprozess und hält die Äpfel für Monate frisch.

In den Monaten September bis März wird das Angebot an deutschen Äpfeln vor allem aus Italien, den Niederlanden, Frankreich, Polen, Belgien, Österreich, Spanien und Tschechien ergänzt. Im Frühjahr und in den Sommermonaten liefern Chile, Neuseeland, Südafrika und Argentinien Ware. Doch Importe aus Übersee benötigen viel Energie für den Transport hierher. Deutsche Äpfel hingegen werden im Kühllager aufbewahrt. Auch das ist energieaufwändig.

Wie eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) aus dem Jahr 2020 zeigen konnte, haben deutsche Äpfel, die im Herbst geerntet, aber erst im April verkauft werden trotzdem gegenüber solchen aus Neuseeland die Nase vorn: Sie erzeugen laut ifeu nur halb so viel CO2 wie die importierten Äpfel.

Entscheidend für die Klimabilanz beim Apfelkauf ist aber nicht nur der Weg des Apfels in den Laden, sondern auch der des Käufers oder der Käuferin. Denn wer mit dem Auto zum Supermarkt fährt, verursacht schon auf kurzen Strecken schnell eine größere Menge CO2 als das dort gekaufte Kilo Importäpfel. (BLE 2023)

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