Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Apfelanbau

Apfelanbau in Deutschland

Räumlich konzentriert sich der Baumobstanbau auf wenige Regionen in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Anbaufläche von Äpfeln liegt bei rund 34.000 Hektar, dies sind 69 Prozent der Baumobstanbaufläche. Die Hauptapfelsorten im deutschen Anbau sind 'Elstar' mit 17,5 Prozent und die Jonagoldgruppe (wichtigste 'Jonagold') mit 11,4 Prozent der Apfelanbaufläche. Die Sorten 'Braeburn' (6,8 Prozent), 'Gala' (5,6 Prozent), Boskoop (2,8 Prozent), Pinova (2,0 Prozent) sowie 'Idared', 'Golden Delicious' und 'Holsteiner Cox' mit jeweils gut 1 Prozent  der Anbaufläche folgen auf den weiteren Plätzen.

Erscheinungsbild

Der erwerbsmäßige Obstanbau hat sich seit den 1970er Jahren stark verändert. Prägten bis dahin großkronige, hochstämmige und damit arbeitsintensive Apfelbäume die Anlagen, findet der Anbau heute ausschließlich auf kleinkronigen Spindeln statt, ob konventionell oder ökologisch. Auf derselben Fläche stehen dadurch heute 10- bis 20-mal so viele Bäume. Ihre Wuchshöhe ist so eingeschränkt, dass alle Früchte ohne Leiter von Hand erreicht werden können.

Wer sich gegen internationale Anbieter behaupten möchte, muss hohe Qualität zu günstigen Preisen anbieten. Aus diesem Grund gibt es im Erwerbsanbau praktisch nur noch Niederstammkulturen, in denen viele Pflegearbeiten maschinell erfolgen können.

Auch der Pflanzenschutz ist in den maximal 2,5 bis 3 Meter hohen Apfelanlagen einfacher geworden: Spritzmittel können dort, wo sie sortenabhängig unentbehrlich sind, sehr gezielt eingesetzt werden.

Niederstämme werden in schmalen, heckenartigen Fruchtwänden gezogen. Kleine rundkronige Bäume stehen so dicht in der Reihe, dass sie nach wenigen Jahren eine lockere Wand bilden (Superspindel, Schlanke Spindel ). Das Baumgerüst besteht nur noch aus dem Stamm. Alle Seitenachsen sind Fruchtriebe oder Fruchtäste, sodass die Früchte sehr nah am Stamm wachsen. Typisch für die modernen Dichtpflanzungen ist nicht allein die größere Zahl von Bäumen je Hektar. Wesentlicher ist, dass damit eine höhere Intensitätsstufe der Obstproduktion erreicht wird. Schon nach kurzer Standzeit werden hohe und regelmäßige Erträge in bester Fruchtqualität erzeugt, die Arbeitsproduktivität steigt und die Kosten je Dezitonne Obst sinken.

Bei großflächigem Einsatz von Hagelschutznetzen kann das Landschaftsbild nachteilig verändert werden. Einen negativen Einfluss auf das Landschaftsbild haben insbesondere rote bzw. weiße Netzfarben. Seit Jahren dominieren allerdings in der Praxis die schwarzen Netze. Schwarze Netze integrieren sich gut in das Landschaftsbild, das Grün der Kulturen schimmert leicht durch, sie fallen weit weniger auf als andersfarbige Netze.

Der weit überwiegende Teil der Besucher und Gäste z. B. am Bodensee akzeptiert den Hagelschutz durch Hagelschutznetze als notwendige Maßnahme zum Schutz der Obstkulturen und sieht den Erholungswert nicht beeinträchtigt. Auch in anderen vom Tourismus geprägten Regionen, z. B. in Südtirol und in vielen französischen Obstbauregionen, werden die Obstanlagen nahezu flächendeckend mit Hagelschutznetzen überbaut, ohne erkennbaren negativen Einfluss auf den Tourismus und die Erholungsfunktionen.

Anbaumethoden

Beim Apfelanbau werden im Wesentlichen drei Anbaumethoden unterschieden: die konventionelle, die integrierte/kontrolliert-integrierte und die ökologische Bewirtschaftung. Darüber hinaus werden viele Äpfel auf Streuobstwiesen und städtischen Flächen angebaut.

Beim konventionellen Anbau handelt es sich in der Regel um Apfelpflanzungen. Diese werden häufig als Niederstammanlagen bezeichnet, da die Bäume meist nicht höher als drei Meter werden. Die Äste, an denen die Früchte wachsen, gehen direkt vom Stamm aus. Die Bäume sind zwar in der Anschaffung kostenintensiv, vereinfachen jedoch die Pflege und die Ernte. Die Baumdichte pro Fläche ist vergleichsweise hoch, die Variation an unterschiedlichen Obstsorten pro Anlage eher gering.

In zumeist monokulturell geprägten Anlagen werden den Böden einseitig Nährstoffe entzogen, was eine Düngung erforderlich macht. Monokulturen sind überdies anfälliger für Schädlingsbefall als Mischkulturen und werden deshalb meist mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Auch ist der konventionelle Anbau in Deutschland durch eine relativ starke Mechanisierung gekennzeichnet (z. B. Baumschnitt, Bodenpflege, Düngung, Pflanzenschutz).

Der integrierte Pflanzenbau (IP) verbindet die ökonomischen Aspekte des konventionellen Anbaus mit den Elementen des ökologischen Landbaus. Im Rahmen des integrierten Anbaus wird ein verminderter Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln angestrebt. Ziel ist es, den Ressourceneinsatz zu minimieren und zugleich dazu beizutragen, die Gefahren, die von Rückständen der eingesetzten Mittel ausgehen, zu reduzieren. Der Anbau gentechnisch veränderter Sorten ist verboten.

Der kontrolliert-integrierte Anbau ist eine erweiterte Variante des Integrierten Pflanzenbaus. Charakteristisch für diese Anbaumethode ist eine intensivere Überwachung der Apfelerzeugung, um die Risiken und Auswirkungen auf Mensch und Umwelt weiter zu minimieren. Im Fokus steht eine signifikante Reduktion des Einsatzes chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel im Gegensatz zum konventionellen Anbau. Ein generelles Verbot solcher Mittel liegt nicht vor.

Der ökologische Landbau setzt auf eine umweltschonende Produktion. Bio-Äpfel werden zum Teil auf Streuobstwiesen und auf älteren Apfelplantagen mit Hochstämmen erzeugt. Heute erfolgt die ökologische Apfelerzeugung insbesondere im Rahmen von monokulturell geprägten Niederstammanlagen, die mit bis zu 2.000 Bäumen pro Hektar bepflanzt sind. Ältere und robustere Apfelsorten sollen bevorzugt verwendet werden, weil sie weniger anfällig sind. Auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und mineralische Dünger wird weitgehend verzichtet und mehr auf natürliche Mittel (z. B. Einsatz von Nützlingen) sowie mechanische Maßnahmen (z. B. Hacken zur Freihaltung des Baumstreifens) gesetzt. Die Mittel, die zur Bekämpfung von Schaderregern und Schädlingen eingesetzt werden, sind limitiert. Gedüngt wird auf organischer Basis. Der Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen ist nicht gestattet.

Die Streuobstwiese (Streuobst/Stadtobst) ist eine traditionelle Form des Obstbaus, deren Verbreitung mit der zunehmenden Durchdringung der intensiven Landwirtschaft stark zurückgegangen ist und seit geraumer Zeit wieder mehr in den Blickpunkt rückt. Auf Streuobstwiesen sind zumeist hochstämmige Obstbäume unterschiedlicher Sorten vorzufinden. Streuobstwiesen zeichnen sich durch eine geringe Baumdichte mit 60 bis 120 Bäumen pro Hektar aus. Die verwendeten Obstsorten erweisen sich gegenüber Krankheiten und Schädlingen als besonders robust. Dementsprechend kommen kaum synthetische Mittel zum Einsatz. Für die Bewirtschaftung werden seit den Neunzigerjahren Ernte- und Schüttelmaschinen verwendet. (Wuppertal Institut)

Ernte

Geerntet werden Tafeläpfel auch heute noch von Hand. Für die industrielle Verarbeitung (Industrieäpfel z. B. für die Mosterzeugung) können jedoch auch Rüttler mit Auffangschirmen eingesetzt werden. Die Äpfel sollen so sorgsam wie möglich behandelt und angefasst werden. Wichtig ist unter anderem, dass sie durch Heben und Drehen von den Trieben gelöst werden und vorsichtig aus den Pflückgefäßen in die Transportbehälter gerollt werden.

Auch die Empfindlichkeit der Früchte in Abhängigkeit vom Reifegrad und der Sorte spielt eine Rolle. Sind die Früchte zu reif, kann bereits der Fingerdruck beim Pflücken oder das Ausleeren des Pflückbehälters in die Großkiste zu Druckstellen mit Verbräunungen führen. Auch wenn die Früchte nur leicht verletzt werden, mindert dies die Qualität und die Früchte leiden beim nachfolgenden Sortieren, Verpacken und Transportieren.

Lagerung und Klimabilanz von Äpfeln

Je nach Sorte und Reifegrad werden die Äpfel nach der Ernte direkt verkauft oder in gasdichten Kühllagern eingelagert. Die Kombination aus niedrigen Temperaturen (0-4 Grad Celsius), niedrigem Sauerstoffgehalt, hohem Kohlendioxidgehalt und konstant hoher Luftfeuchtigkeit verlangsamt den natürlichen Alterungsprozess und hält die Äpfel für Monate frisch.

Etwa fünf Prozent der in Deutschland verzehrten Äpfel stammt aus Ländern der südlichen Hemisphäre. Dort reifen die Äpfel im März und April, also genau zu der Zeit, wenn europäische Lageräpfel knapp werden. Doch Importe aus Übersee benötigen viel Energie. Deutsche Äpfel hingegen werden im Kühllager aufbewahrt. Auch das ist energieaufwändig.

Ein neuseeländischer Apfel verbraucht rund 30 Prozent mehr fossile Energie als ein heimisch angebauter Apfel der gleichen Sorte. Das ergab die Berechnung einer CO2-Bilanz von Äpfeln an der Universität Bonn. Verglichen wurde die deutsche Apfelproduktion mit allen Inlandstransporten und halbjähriger Lagerung mit der Produktion in Neuseeland mit Verschiffung bis hin zur Vermarktung.

Entscheidend für die Klimabilanz beim Apfelkauf ist aber nicht nur der Weg des Apfels in den Laden, sondern auch der des Käufers oder der Käuferin. Denn wer mit dem Auto zum Supermarkt fährt, verursacht schon auf kurzen Strecken schnell eine größere Menge CO2 als das dort gekaufte Kilo Importäpfel. (BZfE)

Anbauregionen global

Die wirtschaftlich bedeutendsten Apfelanbaugebiete Europas sind die Normandie und die Poebene. Im gesamten Mittelmeerraum wird für den Export angebaut, klassische Obsterwerbsanbaugebiete in Mitteleuropa sind:

Von der Südhalbkugel – vor allem aus Neuseeland, Chile und Argentinien – werden Äpfel in großen Mengen importiert und decken großteils die Apfelnachfrage im Frühling und Sommer der Nordhalbkugel.

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