agrarische Waldnutzung
Der Begriff 'Agrarische Waldnutzung' bezeichnet die vielfältigen landwirtschaftlichen Nutzungsformen, bei denen der Wald nicht primär zur Holzproduktion, sondern als integraler Bestandteil des bäuerlichen Wirtschaftsraums genutzt wird, bzw. in historischen Kontexten genutzt wurde. Dies kann die Nutzung des Waldes für Weide, die Ernte von Waldfrüchten oder die Gewinnung von Rohstoffen wie Holz umfassen.
Solche gezielt entwickelten landwirtschaftlichen Waldnutzungen sind heute als Agroforstwirtschaft bekannt.
Waldweide | Beweidung des Waldes, insbesondere mit Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen. Dies war vor allem in lichten, jungen oder lückigen Waldbeständen verbreitet. Die Waldweide bot Futter und Schutz, führte aber oft zu Schäden an der Waldverjüngung, da junge Bäume abgefressen oder zertreten wurden. Die Waldweide wurde schließlich vielerorts verboten, hält sich aber an entlegenen Standorten noch bis in die heutige Zeit und wird zur Erhaltung der Artenvielfalt zunehmend empfohlen. Global gesehen gibt es auch heute derartige silvopastorale Systeme, auch als Waldweidewirtschaft bezeichnet |
Waldheu und Futterlaub | Das Mähen von Waldkräutern (Gräser, Himbeerstauden, Waldreben, Farn usw.), das sog. Waldheu und das Schneiteln von Laubzweigen (Futterlaub) diente der Futterversorgung des Viehs, besonders in futterarmen Zeiten. Hierzu wurden gezielt Äste oder Zweige von bestimmten Baumarten wie Eschen oder Ulmen geerntet. |
Streuentnahme (Nadel- und Laubstreue) | Abgefallene Nadeln und Laub (Bodenstreue) sowie abgeschlagene Zweige (Schneitelstreue) wurden als Einstreu für Stallungen gesammelt. Diese Praxis war für die Düngung der Felder wichtig, galt aber aus forstlicher Sicht als schädlich, da sie den Nährstoffhaushalt des Waldbodens beeinträchtigte. |
Waldfeldbau | Teile des Waldes wurden temporär gerodet und als Acker genutzt (sogenannte Rütene oder Forstäcker). Nach einigen Jahren wurden diese Flächen wieder sich selbst überlassen oder erneut aufgeforstet. |
Brandrodungsfeldbau (Shifting Cultivation/Slash-and-Burn) | In manchen Regionen eine traditionelle Methode, bei der kleine Waldflächen gerodet und gebrannt werden, um Ackerland zu schaffen. Nach einigen Jahren der Nutzung wird die Fläche brachgelegt und der Wald kann sich regenerieren. Die Nachhaltigkeit hängt stark von der Bevölkerungsdichte und den Rotationszeiten ab. |
Waldgärten (Forest Gardens) | Dies sind komplexe, mehrschichtige Systeme, die traditionell von indigenen Völkern genutzt werden. Sie ahmen die Struktur natürlicher Wälder nach und produzieren eine breite Palette von Nahrungsmitteln, Heilpflanzen und Baumaterialien. |
Historische Perspektive
Historisch waren Wälder oft ein integraler Bestandteil des agrarischen Lebens- und Produktionsraums. Die Menschen nutzten Wälder nicht nur zur Holzernte, sondern auch für Waldweide, Waldfeldbau, die Gewinnung von Futterlaub, Waldheu, Waldfrüchten und Harz. Diese Praktiken wurden erst später als "Nebennutzungen" klassifiziert, als die Forstwirtschaft sich stärker professionalisierte und die Trennung zwischen Forst- und Landwirtschaft voranschritt.
Bei der Feldwaldwirtschaft (Birkberg-, Hauberg-, Reutberg-Wirtschaft) als historischer Form des extensivsten Bodennutzungssystems ohne Flächenwechsel, folgte nach 1 bis 4 Jahren Anbau eine längere Waldnutzung. Sie vollzog sich im Gegensatz zum tropischen Wanderfeldbau innerhalb fester Besitzgrenzen.
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