Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Wiesengras

Wiesengras ist im Allgemeinen eine einkeimblättrige, krautige Pflanze mit unscheinbaren Blüten und langen, schmalen Blättern. Kurz auch als Gras betitelt, wird es zur Ordnung der Süßgrasartigen (Poales) eingruppiert. In dieser Ordnung gibt es 17 Familien (z. B. die Süßgräser (Poaceae)) mit fast 1.000 Gattungen und etwa 18.325 Arten. Insgesamt sind 300 verschiedene Grasarten bekannt, wobei nicht alle als Gras betitelten Pflanzen tatsächlich Süßgräser sind. So werden oft Sauergräser bzw. Riedgräser (Cyperaceae), Binsengewächse (Juncaceae) und auf der südlichen Erdhalbkugel auch Restionaceae als Gras bezeichnet. In Südafrika und Australien nehmen die Restionaceae in der natürlichen Vegetation die ökologischen Nischen der Süßgräser (Poaceae), Binsengewächse (Juncaceae) und Riedgrasgewächse (Cyperaceae) ein. Die Kurzbetitelung Gras stammt allgemeinen Literaturangaben zufolge von der indogermanischen Silbe „ghr“ (wachsen) ab, welche sich heute noch im Englischen „grow“ (wachsen) wiederfindet.

Verwendung des Grünlandaufwuchses

Wiesengräser werden im Allgemeinen als Tierfutter verwendet. In Deutschland wurden 2021 41 Prozent der Grünlandflächen als Wiese zur reinen Schnittnutzung mit Maschineneinsatz genutzt wurden. Dabei wird das geerntete Gras überwiegend als Grassilage konserviert und dient als Futterreserve für den Winter. Eine weitere Form der Konservierung ist die Trocknung in Form von Heu, die aber nur in geringem Umfang praktiziert wird.

Überschüssiges Grüngut, das nicht mehr für die Tierfütterung benötigt wird, kann auch zur Erzeugung erneuerbarer Energien oder zur Erzeugung von Dämmmaterialien verwendet werden.

Wie viele andere faserhaltige Biomassen eignet sich Gras zur Gewinnung von Fasern, die hauptsächlich aus Zellulosen bestehen. Die aus dem Verarbeitungsprozess erhaltenen Fasern können in allen üblichen technischen Anwendungsbereichen der nativen Kurzfaser wie Flockenmaterial für die Einblasdämmung, Faser-Kunststoff-Compounds, technische Vliese sowie weiteren Anwendungen eingesetzt werden.

Das im Sommer geerntete heimische Wiesengras wird zunächst siliert, also ähnlich wie Sauerkraut vergoren. Anschließend wird die Silage mit warmem Wasser gewaschen. Zurück bleibt reine, von Nährstoffen freie Zellulose, die mit einem geringen Anteil von Boraten brandsicher gemacht wird.

Das entstandene Fasermaterial eignet sich hervorragend als Schütt- und Einblasdämmstoff. Besonders Decken, Dächer, Wände und andere schwer zugängliche Stellen im Altbaubestand lassen sich mit dem Dämmstoff leicht isolieren. 

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