Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Permafrost

Syn. Dauerfrostboden, Merzlota (russ.); Untergrund, der für mindestens zwei Jahre eine Temperatur von 0 °C nicht überschreitet. Permafrost wird über die Temperatur definiert, d.h. der Untergrund muss nicht unbedingt gefroren sein, da der Gefrierpunkt des Wassers im Permafrost um mehrere Grad Celsius abgesenkt sein kann. Der Großteil dieser Böden findet sich in den Polarregionen, aber auch in hohen Gebirgen. 

Der Untergrund kann aus Gestein, Sedimenten oder Erde bestehen und unterschiedlich große Eismengen enthalten. In der Arktis gibt es Gebiete, in denen 70 Prozent des Untergrundes aus Eis bestehen – beispielsweise im nordöstlichen Sibirien. Dort gab es während der letzten Kaltzeit (115.000 bis 10.000 Jahre vor heute) besonders kalte und lange Winter. Gleichzeitig wurde der Boden dort nicht von einem Eisschild geschützt, so dass kalte Luft tief in den Boden eindringen konnte. Bis circa 1,6 Kilometer reicht der Dauerfrost in dieser Region heute ins Erdinnere.

Permafrost beinhaltet Bodeneis, nicht jedoch Gletscher oder oberirdische Gewässer mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Die Begrenzung des Permafrosts erfolgt nach unten durch den ungefrorenen Untergrund (Subpermafrosttalik), die Permafrostobergrenze wird durch den Auftauboden gebildet, wobei sich dazwischen noch ein Suprapermafrosttalik (Talik) befinden kann. In vielen Permafrostgebieten ist der Permafrost reliktisch, d.h. er wurde unter Vorzeitbedingungen gebildet.

Permafrost im Wandel

Die Temperaturen im Permafrost sind ein sensibler Indikator für Klimaschwankungen in Zeitskalen von Jahrzehnten und Jahrhunderten. In den letzten Jahrzehnten ist die Temperatur im Permafrost der Nordhalbkugel deutlich gestiegen.

Die Auflösung von Permafrost und die Vertiefung des Auftaubodens haben weit reichende Folgen für Ökosysteme und Infrastrukturanlagen. Vor allem die Inuits, eine in Kanada und Grönland beheimatete indigene Volksgruppe, sind von den Folgen betroffen. Ein Auftauen der Dauerfrostböden erschwert das Jagen und den Hausbau. Viele Verkehrswege und Bauten können durch das Auftauen von Permafrost ihre Untergrundstabilität verlieren. Besonders in Sibirien liegen auch größere Siedlungszentren in Permafrostgebieten. Taut das Eis im Untergrund auf, kann es zu erheblichen Zerstörungen kommen, die nur mit hohen Kosten reparabel sind oder sogar zur Aufgabe der Anlagen führen.

Eine wichtige Konsequenz ist die Bildung von Thermokarst. Dabei handelt es sich um Bodenabsenkungen und -einbrüche, die vermooren und sich mit Wasser füllen.

Wo der Permafrost bis in die Tiefe ganz aufgetaut ist, versickert dagegen das Wasser und Anzahl und Fläche der Seen nimmt ab. Hier können sich neue Pflanzengemeinschaften ansiedeln, so dass Strauchvegetation und Wälder ihre Grenzen nach Norden verschieben. Die sich nach Norden ausbreitende Vegetation kann einerseits mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen. Es wird jedoch angenommen, dass dieser klimatische Effekt durch den der verringerten Albedo von Strauch- und Wald- gegenüber Tundraflächen deutlich übertroffen wird. Hinzu kommt, dass auftauender Permafrost gespeicherten Kohlenstoff in Form der Treibhausgase Methan (CH4) und Kohlendioxid freisetzt. Dadurch können positive Rückkopplungen ausgelöst werden, durch die die regionale und globale Erwärmung verstärkt wird.

Auftauender Permafrost kann auch die Wasserführung der Flüsse erhöhen, mit Konsequenzen vielleicht sogar für die ozeanischen Zirkulationssysteme, die sich durch die Zufuhr von Süßwasser verändern können. Besonders sensibel reagieren die arktischen Küsten auf den Permafrostabbau, die dadurch einer stärkeren Erosion durch Wellengang unterliegen.

Auftauender Permafrost kann ferner in Hanglagen zu mit langsamer bis schneller Geschwindigkeit ablaufenden Erdrutschen führen, z. B. wenn die sommerliche Auftauschicht durch besonders hohe Sommertemperaturen, durch Waldbrände, durch menschliche Eingriffe in die isolierende Torfschicht oder andere Ursachen mächtiger wird.

Etwa 12% des Alpengebietes liegen im Permafrost. Höhenlagen ab ca. 2.400 m sind dort davon betroffen. Typische Formen, welche mit diesem Phänomen in Zusammenhang gebracht werden, sind Blockgletscher sowie Eiswände und Hängegletscher.

In den Alpen ist die Bodentemperatur im Dauerfrost innerhalb von 50 Jahren um 0,5 Grad gestiegen. In den vergangenen 100 Jahren hat sich die Permafrostgrenze um 100 bis 300 Höhenmeter nach oben verschoben. Diese stets gefrorenen Böden, die im Sommer nur oberflächlich abtauen, haben eine wichtige Funktion: Das Eis hält Felsgestein, Schutt, Steine und Boden zusammen. Permafrost in Felswänden oder steilen Hängen trägt massgeblich zur Hangstabilität bei: je kälter der Permafrost, desto höher ist die Hangstabilität. Mit einsetzender Erwärmung wird das Eis-Fels-Gemisch "weicher", d.h. das Gemisch beginnt sich plastisch zu deformieren und zu rutschen. Dies kann langsam, aber auch abrupt geschehen. Millionen Euro werden für den Katastrophenschutz ausgegeben. Siedlungen und Verkehrswege müssen mit Auffangdämmen vor Schnee- und Gerölllawinen geschützt werden.

Verbreitung

Generell kann man zwei Arten von Permafrost unterscheiden: den oft mehrere hundert Meter mächtigen und häufig kontinuierlich (flächig) auftretenden Permafrost der hohen Breiten (Arktis, Antarktis) und den oft nur einige Meter mächtigen und meist diskontinuierlich (fleckig) auftretenden Permafrost des Hochgebirges ab 2.500 bis 3.000 m über NN . Auf der Nordhalbkugel weisen etwa 25 % der Landmassen in ihren Tundren und borealen Waldgebieten Permafrost auf .

Im Hochland von Tibet besitzt der Permafrost ein geschlossenes Verbreitungsgebiet. Permafrost wurde des Weiteren in den wenigen unvergletscherten Gebieten der Antarktis sowie unter so genannten kalten Gletschern nachgewiesen. Aufgrund des hochkontinentalen Klimas und des sich regelmäßig im Winter über weiten Teilen Ostsibiriens ausbildenden stabilen Hochdruckgebietes mit extremer Kälte erstreckt sich hier der Permafrost bis 50 °N und damit zirkumarktisch wesentlich weiter nach Süden als in den anderen Regionen in Europa und Nordamerika. Das Eindringen der Kälte wird durch die große Trockenheit und die nur dünne, wenig isolierende Schneedecke unterstützt. Es kommt hinzu, dass große Gebiete im Osten Sibiriens während der Eiszeiten nicht vergletschert waren und deshalb dort die isolierenden Gletscherkappen fehlten. Dadurch konnte die Kälte über lange Zeiträume kontinuierlich eindringen und sich große Permafrostmächtigkeiten ausbilden.

Permafrost findet sich in geringer Ausdehnung außerdem in eisfreien Gebieten der Antarktis, auf einigen subantarktischen Inseln, in Hochgebirgen sowie als Relikt der letzten Kaltzeit am Boden der Schelfgebiete des Antarktischen Ozeans. Nach Modellberechnungen auf der Basis von Bodentemperaturen beträgt das Permafrostgebiet auf der Nordhalbkugel 13,8 Mio. km².  Die Mächtigkeit kann zwischen über 1000 bis zu wenigen Metern schwanken. Das gesamte Volumen wird für die Nordhalbkugel auf 11000-35000 km³ geschätzt, was einem Meeresspiegelanstieg von 3-9 cm entsprechen würde. 

Die Bildung von Permafrost wird wesentlich durch die Kontinentalität des Klimas begünstigt. So haben die geringen Winterniederschläge in Sibirien ein Gefrieren des Erdbodens bis in Tiefen von mehreren Hundert Metern und eine Ausdehnung des Permafrosts bis in mittlere Breiten zur Folge, da hier eine schützende Schneedecke nur wenig ausgebildet ist.

Permafrost in der nördlichen Hemisphäre

Permafrost in der nördlichen Hemisphäre

Der Permafrost taut auf und verändert sich schnell, was die Arktis und den gesamten Planeten vor ernsthafte Herausforderungen stellt. Eine neue Karte, die im Rahmen des Nunataryuk-Projekts erstellt wurde, gibt ein aktuelles Bild der Ausdehnung des Permafrosts in der Arktis und den subarktischen Regionen, sowohl an Land als auch vor der Küste, und stellt eine wichtige Grundlage dar, von der aus Permafrostveränderungen in der Zukunft gemessen werden können.

Sie veranschaulicht, wie sich der terrestrische Permafrost unter dem Arktischen Ozean ausbreitet, insbesondere in Nordsibirien und Alaska. Etwa 10 % der gesamten Permafrostfläche in der nördlichen Hemisphäre befindet sich unter dem Meeresboden, und seine Dicke variiert stark. Submariner Permafrost ist noch viel weniger erforscht als terrestrischer Permafrost, und weitere Forschung ist notwendig, um das Ausmaß und die Auswirkungen des auftauenden Permafrosts besser zu verstehen, insbesondere in den Küstenregionen der Arktis.

Quelle: BVL / BLE

Charakteristik

Die meisten Permafrost-Landschaften sind an der typischen Musterung ihrer Oberfläche zu erkennen, zum Beispiel durch so genannte polygonale Netzstrukturen, die sich durch wiederholtes Gefrieren im Winter bilden. Die extrem kalten Wintertemperaturen der Arktis führen dazu, dass sich der gefrorene Boden über die Landschaftsoberfläche hinweg zusammenzieht. Hierdurch entsteht ein regelmäßiges Muster von Rissen, ganz ähnlich wie Bodenrisse nach einer Dürre. Während der Schneeschmelze im Frühjahr werden diese zentimeterweiten und metertiefen Risse mit Wasser gefüllt. Aufgrund der Kälte des Bodens gefriert dieses Wasser gleich wieder, wodurch sich vertikale Eisvenen bilden, die über Jahrzehnte und Jahrtausende zu Eiskeilen heranwachsen und an der Oberfläche die typischen Polygonmuster entstehen lassen.

Ein typischer Boden in einer Permafrostregion besteht aus zwei Schichten: einer so genannten aktiven und einer gefrorenen Schicht. Die aktive obere Schicht taut jeden Sommer um circa 15 bis 100 Zentimeter auf. In dieser dünnen Schicht spielt sich der Großteil der biologischen und biochemischen Aktivität in arktischen Böden ab.

Eines der hervorstechenden Merkmale für die Existenz von Permafrost ist das Auftreten von Eiskeilen und Eiskeilpolygonnetzen. Sie entstehen infolge der Schrumpfung des gefrorenen Bodens bei starkem Frost. Eis zieht sich bei Abkühlung zusammen (um 0,05 mm/m Eissäule bei einer Abkühlung von 1 °C), und bei einer Abkühlung um 20 Grad bildet sich eine Frostspalte von 1 mm. Gefrorener Boden hat bis zu zehnmal höhere Kontraktionskoeffizienten als reines Eis. Die Kontraktionsrisse fügen sich, ähnlich wie Trockenrisse zu polygonalen netzartigen Mustern zusammen. Werden die Frostspalten im Frühjahr mit Schmelzwasser gefüllt, so gefriert dieses Wasser im Permafrostboden sofort wieder und füllt die Frostspalte aus. Durch ständige Wiederholung des Frost/Tau-Prozesses bilden sich große, keilförmige Eiskörper (Eiskeile). Polygonmoore bedecken große Flächen mit 250.000 km² bis 396.000 km² in den arktischen Tieflandsgebieten.

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