Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Olivenbaum

Der Olivenbaum (Olea europaea) gehört zu den Ölbäumen und wird bereits seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. als Nutzpflanze kultiviert. Je nach Sorte erreichen die immergrünen Olivenbäume eine Höhe von 10 – 20 Meter, sind im Alter oft knorrig und können mehrere hundert Jahre alt werden. Das älteste bekannte Exemplar in Vouves auf Kreta (Griechenland) wird auf 2000-4000 Jahre geschätzt. Weitere sehr alte Olivenbäume befinden sich in Spanien: ein Exemplar in Tarragona ist über 1700 Jahre alt, ein weiterer 1200 Jahre alter Baum steht in Castellón.

Wirtschaftlich wird der Olivenbaum vor allem wegen seiner Früchte genutzt. Er bildet wird eine einsamige Steinfrucht, die Olive. Die ellipsoide bis fast kugelige Frucht weist eine Länge von 0,7 bis 4 cm und einen Durchmesser von 1 bis 2 cm auf. Der harte „Kern“, der Samen, ist von weichem Fruchtfleisch umgeben. Die Farbe der unreifen Oliven ist grün, die der reifen schwarz oder violett/braun. Am ertragreichsten ist ein Olivenbaum nach etwa 20 Jahren.

Der Olivenbaum zeigt, wie andere fruchtende Bäume auch, das Phänomen der Alternanz; sein Fruchtertrag schwankt also in zweijährigem Rhythmus.

Die Olivenbäume in den Olivenhainen werden zur besseren Ernte beschnitten, damit sie kleiner bleiben. Dabei gilt im Allgemeinen die Regel: je krummer und knorriger, desto besser der Ertrag.

Die oft bizarren Stammformen alter Olivenbäume gehen auf die Infektion durch den holzbewohnenden Basidiomyceten Formitiporia punctata (Stammfäule) zurück. Die befallenen Stellen werden zwar immer wieder ausgeschnitten, infizieren sich aber jedesmal von neuem, sodass schließlich durchbrochene und zerteilte Stämme entstehen. Die Vitalität der Bäume und ihre Reproduktion werden dadurch aber nicht beeinträchtigt.

Die Olivenkerne werden durch Vögel verbreitet, die die Früchte fressen. Olivenbäume in Kultur werden allerdings meist über Stecklinge vermehrt. Die so entstehenden Pflanzen sind genetisch identisch.

Olivenbäume in Umbrien
Olivenbäume in Umbrien

Quelle: Wikipedia

Herkunft und Historie

Die wilde Olive hat ein weit auseinanderliegendes, nicht zusammenhängendes natürliches Vorkommen: Mittelmeergebiet, Naher Osten und Südafrika. Davon stark verschieden ist das Anbaugebiet der heutigen Kultursorten. In der Forschung stand lange die Theorie im Raum, dass die Olive von Menschen in den Mittelmeerraum gebracht worden sei. Fossile Funde von Blattabdrücken von Olea europea auf der Insel Santorin widerlegen diese These. Die Blätter wurden von den Ascheablagerungen des Vulkans Thera bei einem Ausbruch vor 54.000 Jahren eingeschlossen.

Die Geschichte des kultivierten Ölbaums reicht mindestens bis in die Bronzezeit zurück. Erste archäologische Funde von Olivenkernen sind über 9000 Jahre alt, dabei handelt es sich aber um von Menschen gesammelte Oliven von wilden Olivenbäumen. Wann die Wildform zur fruchtbaren Gartenolive kultiviert wurde, ist unbekannt.

Der Baum war zugleich ein wichtiger Lieferant für Holzkohle, die man für den Schmelzprozess brauchte. Dies galt insbesondere für Zypern, das der bedeutendste Kupferproduzent war. Dort lieferte der Olivenbaum 71 % der untersuchten Holzkohle zwischen der Bronzezeit und den hellenistischen Reichen.

In Ägypten wurden Oliven an der Mittelmeerküste, den Oasen Bahariyya, Dachla, Charga und Siwa sowie auf dem Sinai angebaut. Der erste Nachweis stammt aus der 18. Dynastie (ca. 1500 v. Chr).

Im antiken Griechenland galt der Ölbaum als heiliger Baum der Göttin Athene. Bei den Olympischen Spielen in Griechenland diente ein Olivenzweig als Zeichen des Sieges.

Auch im Christentum ist die Taube mit dem Ölzweig ein Symbol des Friedens. Der Bibel zufolge schickte Noah nach der Sintflut eine Taube los. Sie kehrte mit einem Ölzweig im Schnabel zurück: die Erde grünte wieder, das Leben war zurück. Jesus hielt zwischen Olivenbäumen im Garten Getsemani kurz vor seiner Kreuzigung Zwiesprache mit Gott.

Nutzung

90 % der Oliven werden zu Olivenöl gepresst. Kaltgepresstes Olivenöl ist reich an ungesättigten Fettsäuren und gilt daher als besonders gesundes Speiseöl. Es enthält außerdem den entzündungshemmenden Wirkstoff Oleocanthal und wird in Kosmetika und Medikamenten verarbeitet.

Im Handel erhältlich sind Oliven auch in modifizierter Form. Üblich ist dabei die Füllung der grünen Olive (mit Paprika, Mandeln) sowie das Einlegen/Marinieren der ganzen oder entkernten Früchte.

In Öl eingelegte Oliven sind ohne weitere Konservierungsstoffe relativ lange haltbar und werden auch nicht von Schädlingen befallen, was zumindest zum Teil ihre große Bedeutung für die mediterrane Küche erklärt.

Weitere Nutzung

Weltproduktion

Olivenbaumpflanzungen nahmen 2017 auf der Welt 10,8 Millionen Hektar an Fläche ein, auf denen 20,9 Millionen Tonnen Oliven geerntet wurden. Spanien ist der größte Olivenproduzent. Spanien, Griechenland und Italien produzieren fast 60 % aller Oliven der Welt. Die zehn wichtigsten Länder erstellen 92,2 % der weltweiten Olivenproduktion. Der Hektar-Ertrag lag weltweit im Durchschnitt bei 19319 Hektogramm = 1931,9 kg = 1,9319 t pro Hektar.

Ökologie und Verbreitung

Der Olivenbaum ist ein wichtiges Element der mediterranen Vegetation und Kulturlandschaft. Demnach gedeiht er im mediterranen Klima, d. h. bei Jahresmitteltemperaturen von 15 bis 20 °C und Jahresniederschlägen 500 bis 700 mm am besten, mindestens sind 200 mm nötig. Er kann hohe Hitze ertragen, leidet aber leicht durch Frost in kalten Wintern, wodurch nicht nur die Ernte einzelner Jahre, sondern der Bestand ganzer Plantagen bedroht ist.

Bei zu geringen Niederschlägen in der Regenzeit sind die Oliven oft nur klein und hart, fast unverkäuflich. Olivenanbauer, z.B. in Nordandalusien steuern dem mit künstlicher Bewässerung entgegen. Sie lassen zahllose Brunnen, meist ohne Konzession bohren und verlegen Gummischläuche entlang der Baumreihen. (SZ 31.1.19)

Beispiele für mediterrane Pflanzengesellschaften mit Olivenbäumen:

Seit der neuzeitlichen Kolonisation wird der Olivenbaum auch in entsprechenden Klimaten Nord- und Südamerikas, wo er erstmals im Jahr 1560 in Lima durch die spanischen Eroberer angepflanzt wurde, sowie weiterhin in Australien, Südafrika und Japan angebaut. Alle Anbaugebiete des Olivenbaums liegen zwischen dem 30. und dem 45. Grad nördlicher bzw. südlicher Breite mit Ausnahme einiger äquatornäherer Höhenlagen, etwa in Peru, wohin er von den spanischen Konquistadoren im 16. Jahrhundert gebracht wurde. Von dort aus gelangte er über Mexiko bis Kalifornien und Hawaii.

Es wurde immer wieder versucht, das Anbaugebiet des Olivenbaums nach Norden und in rauere Gebiete zu erweitern. Diese oft über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte erfolgreichen Versuche schlugen letztendlich aber immer wieder fehl, das letzte Mal im Februar 1956, als ein Kälteeinbruch aus Osteuropa Millionen von Olivenbäumen in Südfrankreich, Italien und Spanien vernichtete. Derzeit befindet sich die nördlichste Anpflanzung Europas in Köln. Hier wurden seit 2008 über 170 Olivenbäume gesetzt. Olivenbäume in Österreich zu kultivieren wurde erstmals 2016 in Mörbisch am See begonnen.

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