Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Lieferkette

Die bei der Herstellung und Distribution von Produkten entstehende mehrstufige oder verzweigte Kette von Akteuren, die von der ersten Wertschöpfungsstufe bis hin zum Endprodukt Leistungen oder Produkte erbringen. Ziel der Betrachtung von Lieferketten ist die logistische Optimierung von Material- und Informationsflüssen entlang der Lieferkette.

Ein großer Teil der globalen Produktion und damit auch der Lieferketten wird durch multi- bzw. transnationale Konzerne intern kontrolliert, aber es gibt auch wichtige andere Akteure innerhalb der Lieferketten, sodass globaler Wettbewerb nicht nur zwischen Unternehmen, sondern auch zwischen Lieferketten besteht, auch im Nahrungssektor.

Abzugrenzen ist die Lieferkette von der Wertschöpfungskette und der Transportkette.

Der Begriff „Lieferkette“ wird z. T. als irreführend gesehen: Einerseits decke eine Lieferkette nicht nur die Lieferantenseite ab, sondern auch die Kundenseite und führe somit vom Rohstofflieferanten bis zum Endkunden. Andererseits handele es sich bei ihr nicht um eine „Kette“, sondern vielmehr um ein „Netzwerk“, in dem die Mitglieder der Lieferkette über vor- und nachgelagerte Verbindungen an den verschiedenen Prozessen und Tätigkeiten der Wertschöpfung in Form von Produkten und Dienstleistungen für den Endkunden beteiligt sind.

Mit Bezug auf die Landwirtschaft (landwirtschaftliche Lieferkette) bezieht sich der Begriff entsprechende auf das System, das alle Tätigkeiten, Organisationen, Akteure, Technologien, Informationen, Ressourcen und Dienstleistungen umfasst, die bei der Produktion von Agrarprodukten und Nahrungsmitteln für Konsumgütermärkte eine Rolle spielen. Der Begriff deckt die vor- und nachgelagerten Bereiche der Landwirtschaft ab - von der Bereitstellung landwirtschaftlicher Vorleistungen (wie Saatgut, Düngemittel, Tierfutter, Arzneimittel oder Ausrüstung) bis hin zur Produktion, Nacherntebehandlung, Verarbeitung, Transport, Marketing, Vertrieb und Verkauf.

Außerdem schließt er Unterstützungsleistungen wie landwirtschaftliche Beratungsdienste, Forschung und Entwicklung sowie Marktinformationen mit ein. Landwirtschaftliche Lieferketten umfassen somit eine große Bandbreite an Unternehmen, die von landwirtschaftlichen Kleinbetrieben, landwirtschaftlichen Verbänden, Genossenschaften und Startups über multinationale Unternehmen – durch Muttergesellschaften oder lokale Tochterunternehmen – bis hin zu staatseigenen Unternehmen und Fonds sowie privaten Finanzakteuren und Stiftungen reichen.

Die Struktur der Lieferketten und der auf den einzelnen Stufen beteiligten Unternehmen variiert je nach Produkt und Region erheblich.

Die Unternehmen sind durch unterschiedliche Arten von Beziehungen und Strkturen miteianander verbunden. Nachgelagerte Unternehmen können unterschiedliche Arten von Beziehungen zu landwirtschaftlichen Unternehmen unterhalten, um sich Zugang zu Agrarerzeugnissen zu verschaffen. Sie können den Produzenten ohne maßgebliches, über einen Kaufvertrag hinausgehendes Engagement bestimmte Standards und Spezifikationen aufzwingen. Insbesondere im Rahmen der Vertragslandwirtschaft können sie aber auch eine aktivere Rolle spielen, um die Produktion zu koordinieren und die Qualität und Sicherheit zu gewährleisten. Finanzunternehmen können in indirekterer Form beteiligt sein, indem sie landwirtschaftlichen und nachgelagerten Unternehmen im Rahmen von Greenfield- oder Brownfield-Inverstitionen, Gemeinschaftsunternehmen, Zusammenschlüssen und Übernahmen Kapital zur Verfügung stellen. (OECD/FAO 2016)

(s. a. Agribusiness)

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