Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Lieferkettengesetz

Ein Lieferkettengesetz soll Unternehmen verpflichten oder in Haftung nehmen, die im Ausland beschafften Vorleistungsgüter oder Fertigerzeugnisse in allen Phasen ihrer Lieferkette auf etwaige umweltschädigende oder gegen die Arbeitsbedingungen verstoßende Produktionsverfahren zurückzuverfolgen.

Im globalisierten Handel verletzen Unternehmen im Zuge der weltweiten Wertschöpfungs- und Lieferketten häufig grundlegende Menschenrechte und schädigen die Umwelt. Bisher wird dies billigend in Kauf genommen, weswegen die Unternehmen von den Betroffenen für Schäden nicht belangt werden können.

In Deutschland schafft die Bundesregierung mit dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) die Grundlage, um die Leitprinzipien der Vereinten Nationen (VN) für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011 umzusetzen. Ziel ist, die menschenrechtliche Lage entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten in Deutschland und weltweit zu verbessern. Durch verlässliche Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen möchte die Bundesregierung zudem auf faire globale Wettbewerbsbedingungen hinwirken.

Der NAP wurde von der Bundesregierung unter Einbindung von Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft entwickelt und am 21. Dezember 2016 im Bundeskabinett verabschiedet. Die Bundesregierung ist damit der Aufforderung der EU-Kommission an alle Mitgliedsstaaten nachgekommen, Nationale Aktionspläne zur Umsetzung der VN-Leitprinzipien zu erarbeiten.

Nach zwei enttäuschend verlaufenen Ergebnissen von Unternehmensbefragungen sieht die Bundesregierung (2020) die Notwendigkeit zu einem gesetzlichen Rahmen, zur Verwirklichung von Menschenrechtsstandards, die entlang der Lieferketten Kinderarbeit ausschließen und grundlegende ökologische und soziale Mindeststandards sichern, so wie im Koalitionsvertrag festgelegt.

Die EU-Kommission plant darüber hinaus eine Gesetzesinitiative für 2021. Ein nationales Umsetzungsgesetz wird Deutschland dann in jedem Fall brauchen.

Befürworter eines Lieferkettengesetzes verlangen, dass ein solches Gesetz Unternehmen dazu verpflichtet, eine Risikoanalyse durchzuführen, um die Auswirkungen seiner Geschäftstätigkeiten auf Menschenrechte, Belange von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen und die Umwelt zu ermitteln. Auf Grundlage der Risikoanalyse müssen die Unternehmen geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen ergreifen sowie bestehende Verletzungen beenden. Zudem müssen sie einen Beschwerdemechanismus für Betroffene einrichten. Ein wirksames Lieferkettengesetz umfasst dabei die gesamte Wertschöpfungskette, angefangen von der Rohstoffgewinnung, über Produktexporte, Investitionen bis hin zur Abfallentsorgung.

Das Lieferkettengesetz muss Unternehmen zudem zu Transparenz und Berichterstattung verpflichten. Konkret bedeutet das, dass Unternehmen die Einhaltung der Sorgfaltspflichten dokumentieren und öffentlich darüber Bericht erstatten müssen. Die Missachtung von Sorgfaltspflichten sollte dabei an Konsequenzen wie Bußgelder, den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen und von der Außenwirtschaftsförderung geknüpft sein.

Zu guter Letzt müssen Betroffene in ihren Rechten gestärkt werden und Schadensersatzklagen gegen mitverantwortliche Unternehmen vor deutschen Gerichten führen können. Das Lieferkettengesetz muss eine Haftung vorsehen, wenn ein Unternehmen keine angemessenen Sorgfaltsmaßnahmen ergriffen hat, um einen vorhersehbaren und vermeidbaren Schaden zu verhindern. Das gilt auch für Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten oder Tochterunternehmen des Unternehmens.

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