Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Kinderarbeit

Von Kindern zu Erwerbszwecken verrichtete Arbeit, für die sie zu jung sind oder die gefährlich oder ausbeuterisch sind, die ihre körperliche oder seelische Entwicklung schädigen oder die sie vom Schulbesuch abhalten. Kinderarbeit ist meist verbunden mit überlangen Arbeitszeiten und Niedrigstlöhnen. Sie beraubt Kinder ihrer Kindheit und verstößt gegen die weltweit gültigen Kinderrechte.

Zu unterscheiden ist zwischen normalen Aufgaben zum Beispiel im Haushalt, zwischen legaler Beschäftigung von Jugendlichen und zwischen Ausbeutung von Kindern. Für legale Beschäftigung haben die meisten Staaten per Gesetz ein Mindestalter zwischen 14 und 16 Jahren festgelegt. In Deutschland ist das Mindestalter 15 Jahre mit einigen Ausnahmen für leichte Tätigkeiten.

Zu den „schlimmsten Formen der Kinderarbeit“ zählen die Vereinten Nationen (ILO-Konvention Nr. 182 von 1999): Sklaverei und sklavenähnliche Abhängigkeiten, Zwangsarbeit einschließlich des Einsatzes von Kindersoldaten, Kinderprostitution und Kinderpornographie, kriminelle Tätigkeiten wie den Missbrauch von Kindern als Drogenkuriere sowie andere Formen der Arbeit, die die Sicherheit und Gesundheit der Kinder gefährden können. Fast alle Staaten der Welt haben sich auf das Ziel geeinigt, jegliche Form der Kinderarbeit, angefangen mit der gerade beschriebenen schlimmsten Form, bis zum Jahr 2025 vollständig abzuschaffen.

Die UN-Kinderrechtskonvention (KRK) definiert Kinderarbeit als Tätigkeiten von unter 18-jährigen, die ihnen schaden oder sie am Schulbesuch hindern (KRK, Artikel 32).

Die Antwort auf die Frage, was als ausbeuterische und was als unproblematische Kinderarbeit gilt, hat sich im Laufe der Geschichte stark gewandelt; sie wird heute noch regional unterschiedlich beantwortet. Insbesondere die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) befürwortet ein generelles weltweites Verbot von Kinderarbeit, von dem es nur in engen Grenzen Ausnahmen geben solle. Gegen diese Haltung wird seit einiger Zeit eingewandt, dass sie die konkreten Interessen betroffener Kinder und ihrer Eltern nicht ernst genug nehme.

Die meisten Kinder müssen arbeiten, weil sie für ihre eigene bzw. die Existenzsicherung ihrer Familie sorgen müssen. Als Folge einer hoffnungslosen sozioökonomischen Situation werden viele Kinder von ihren Familien an einen Arbeitgeber verkauft.

Child Labour in Agriculture
Child Labour in Agriculture

Nearly 70% of all child labourers work in agriculture nearly 100 million boys and girls! In this infographic two very different stories are told: The typical story of a child labourer in agriculture, increasingly involved in work and obliged to leave school too early. The typical story of a child living and learning in a rural area, whose rights are respected thanks to what FAO promotes.

Quelle: FAO

Kinderarbeit in der Landwirtschaft

Nach Angaben von UNICEF arbeiten heute 190,7 Millionen Kinder zwischen fünf und 14 Jahren, zwei Drittel davon in der Landwirtschaft. Sie arbeiten als Baumwollpflücker in Ägypten, Indien, Pakistan oder Usbekistan, auf den Plantagen in Ecuador und Argentinien und bei der Teeernte in Nepal, China, Indien, Sri Lanka und Kenia oder als Schuldknecht bei der Kakaoernte an der Elfenbeinküste, Nigeria und Gabun.

Manche Kinder helfen ihren Eltern bei unterschiedlichen Arbeiten. Sie hüten Tiere, holen Wasser, helfen bei der Aussaat und Ernte.
Andere arbeiten mit ihren Eltern zusammen oder allein auf Plantagen für Exportwaren, zum Teil als Saisonarbeiter. Dabei sind die Arbeitszeiten extrem lang, sodass es für Kinder unmöglich ist zur Schule zu gehen.
Die Kinder erhalten in der Regel ein Drittel bis zur Hälfte des Lohnes der Erwachsenen. Auf Plantagen werden die Kinder wie die Erwachsenen nach Leistung bezahlt.

In den letzten Jahren hat die Zahl arbeitender Kinder in der Landwirtschaft zugenommen. Nach einer zuvor rückläufigen Entwicklung hat sich die Zahl arbeitender Kinder in der Landwirtschaft seit 2012 global wieder erhöht: Um 10 Millionen auf insgesamt 108 Millionen im Jahr 2016. Dies erklärte die FAO vergangene Woche in Rom anlässlich des Welttages gegen Kinderarbeit.

Aktuell seien fast 71 % aller Kinderarbeiter in der Agrarbranche tätig, meist als unbezahlte Familienarbeiter. Bei den Kindern in der Altersklasse von fünf bis 14 Jahren seien es sogar 78 %, in der Altersklasse von 15 bis 17 Jahren rund 49 %. Geschlechtsspezifische Unterschiede gibt es laut FAO nicht. Allerdings seien deutliche regionale Unterschiede festzustellen.

Besonders in Afrika und Zentralasien sind die Probleme groß. Kinderarbeit in der Landwirtschaft werde vielfach auch dadurch gefördert, dass es infolge politischer Konflikte und klimabedingter Katastrophen zu Fluchtbewegungen komme. Kinder müssten dann oft zum wirtschaftlichen Überleben der Flüchtlingsfamilien beitragen.

Die FAO verweist auf aktuelle Risiken durch die Kinderarbeit. Es bestehen Gefahren für die körperliche und psychische Gesundheit der Jungen und Mädchen. Dabei ist dieser Sektor einer der gefährlichsten bezüglich der Anzahl der arbeitsbedingten Todesfälle, Unfälle sowie Berufskrankheiten und Verletzungen.

Zudem bestehen langfristige Probleme, da die Kinder anstatt in die Schule zu gehen, arbeiten. Dadurch hätten die Kinder später keine Chance auf einen gut bezahlten Arbeitsplatz.

Historisch kann als Beispiel für die seit langem bestehende Erscheinung der Kinderarbeit auf Süddeutschland, Österreich und die Schweiz hingewiesen werden. In der Schweiz konnten zwischen 1800 und 1950 Bauern von den Behörden Verdingkinder, d. h. Waisen- und Scheidungskinder, auf einem Verdingmarkt ersteigern. Solche Kinder wurden meistens zu Zwangsarbeit eingesetzt.

Vor allem im 19. Jahrhundert bis hinein in die 1920er Jahre zogen jährlich Kinder aus Tirol, Südtirol, Vorarlberg und der Schweiz zu Fuß über die Alpen nach Oberschwaben, um dort den Sommer über vor allem in der Landwirtschaft zu arbeiten (Schwabenkinder).

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