Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Diversifizierung

Auch Diversifikation; Steigerung der Produktvielfalt, d.h. die Ausrichtung eines Betriebes auf eine größere Zahl verschiedener landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Häufig werden unter dem Begriff auch die fünf alternativen Erwerbszweige Tourismus, Freizeit und Erholung, Weiterverarbeitung konventioneller Produkte, unkonventionelle Produktionszweige und die Umnutzung von Land und Gebäuden verstanden.

In der deutschen Landwirtschaft ist die Ergänzung des Einkommens jenseits der traditionellen Urproduktion seit jeher ein gängiges Thema und wird unter den Begriffen Diversifikation und Einkommenskombination zusammengefasst. Als Motiv zur Ergreifung einer dieser Formen stehen finanzielle Gründe im Vordergrund, da mit der Urproduktion kein ausreichendes Einkommen verdient wird.

Historischer Rückblick

Bereits im 16. Jahrhundert, das ein starkes Bevölkerungswachstum verzeichnete, welches wiederum in einer anwachsenden unterbäuerlichen Schicht mündete, nahm die Zahl von landwirtschaftlichen Vollexistenzen rapide ab; also von Betrieben, die keine Ackernahrung mit ihrem landwirtschaftlichen Grundbesitz erzeugen konnten. Dies führte dazu, dass weitere Einkommensquellen erschlossen werden mussten. Etwa als Lohnarbeiter innerhalb der Landwirtschaft, oder außerhalb der Landwirtschaft im Bereich des Landhandwerkes oder des Verlagswesens innerhalb der damaligen Textilbranche. Die ländliche Textilerzeugung war im Südwesten, in Westfalen, Sachsen und Schlesien stark verbreitet. Weitere außerlandwirtschaftliche Erwerbsmöglichkeiten bot die Erzgewinnung und -verhüttung (Mittelgebirge) sowie die Salzgewinnung (Lüneburg, Salzburg).

Die einsetzende Industrialisierung im 19. Jahrhundert führte durch die Entstehung neuer Arbeitsplätze und die damit einhergehenden besseren Verdienstmöglichkeiten zu einer Flucht der ländlichen Bevölkerung in die Städte. Die Abwanderungswelle erfasste Landlose, wie auch Nebenerwerbsbauern. Während die Landlosen größtenteils in die industriellen Gebiete wie das Rheinland und Westfalen zogen, blieben die Nebenerwerbsbauern überwiegend auf dem Lande und suchten sich als Wanderarbeiter im Hoch- und Tiefbau einen Zuverdienst.

Aktuelle Situation

2016 wurden 52 % der Einzelunternehmen im Nebenerwerb geführt. Im Vergleich zu 2010 ist der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe deutlich angestiegen. Der Nebenerwerb kann sowohl Übergangsstadium als auch stabile Form einzelbetrieblicher Entwicklungen sein. Andere Betriebe versuchen, durch das Erschließen und die Kombination neuer Betriebszweige ein ausreichendes Einkommen zu erzielen. Nebenerwerbslandwirtschaft und Diversifikation schließen sich nicht aus. Nebenerwerbslandwirtschaft bzw. außerlandwirtschaftliche Einkommensbereiche sind vielmehr Bestandteile der Diversifikation.

Begrifflichkeiten

Die landwirtschaftliche BWL unterscheidet Diversifikationsformen nach folgender Einteilung:

Bei Steiner und Hoffmann 2012 findet sich eine Reihe von Beispielen für Diversifizierung.

Weitere Informationen:

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