Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Agraraußenhandel

Die Ein- und Ausfuhr von Agrargütern (land- und ernährungswirtschaftliche Erzeugnisse, in der deutschen Statistik ohne Holz und Holzprodukte) von einem bzw. in einen Staat oder eine Staatengemeinschaft.

Deutschland ist auch im Agrarbereich eine der führenden Handelsnationen – sowohl bei den Importen als auch bei den Exporten (vgl. Grafik unten). Seinen Platz unter den Top 3-Agrarexporteuren hat Deutschland jedoch seit 2020 an Brasilien verloren. Damals lagen beide Länder noch etwa gleichauf, seitdem hat Brasilien seine Exporte massiv ausgebaut. Allein zwischen 2021 und 2022 stiegen die brasilianischen Agrarexporte wertmäßig um 35 Prozent. Zum Vergleich: Die deutschen Agrarexporte wuchsen im selben Zeitraum um vier Prozent. Gleiches gilt für die Agrarimporte nach Deutschland.

Auffällig ist, dass die vergleichsweise kleinen Niederlande weit mehr Agrargüter exportieren als das um ein Vielfaches größere China. In den Niederlanden ist auch der Exportüberschuss besonders ausgeprägt. Die Einnahmen durch den Agrarexport liegen dort um 32 Prozent höher als die Ausgaben für den Import von Agrargütern. Auch Brasilien, Frankreich und Kanada zählen zu den Nettoexporteuren. In den anderen aufgeführten Ländern überwiegen die Importe die Exporte – in Deutschland um etwa 26 Prozent.

Die größten Agrarimporteure und -exporteure 2022 (in Mrd. US-Dollar)
Die größten Agrarimporteure und -exporteure 2022 (in Mrd. US-Dollar)

Quelle: BLE 2024

In den meisten Ländern ist Außenhandel allgemein von erheblicher Bedeutung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Während es internationalen Handel in der Geschichte schon lange gibt (vgl. Seidenstraße, Bernsteinstraße), hat die wirtschaftliche, soziale und politische Bedeutung in den letzten Jahrhunderten zugenommen. Industrialisierung, verbesserter Transport, Globalisierung und transnationale Unternehmen haben eine große Auswirkung auf das internationale Handelssystem. Ohne Außenhandel wären Nationen auf die innerhalb ihrer eigenen Grenzen produzierten Waren und Dienstleistungen beschränkt.

Im Bereich des internationalen Agrarhandels sind vor allem vier sehr große Agribusiness-Unternehmen aktiv, die bereits Anfang des 19. bis Anfang des 20. Jahrhundert gegründet wurden. Obwohl das genaue Ausmaß ihrer Aktivitäten schwer zu eruieren ist, wird geschätzt, dass sie heute für etwa ein Drittel des Weltagrarrohstoffhandels und für 90 % des Weltgetreidehandels verantwortlich sind. Diese transnationalen Handelsriesen - Archer Daniels Midland (ADM), Bunge, Cargill, Louis Dreyfus - werden wegen ihrer Anfangsbuchstaben auch die ABCD-Gruppe genannt, auch wenn die Reihenfolge der Buchstaben nach Bedeutung der Unternehmen eigentlich CABD lauten müsste.

Basis der Unternehmen war und ist der Handel mit Agrar-Massengütern (v. a. Getreide und Ölpflanzen), die in großen Mengen gekauft und verkauft werden. Die Rentabilität des Handels mit diesen Waren hängt nicht nur von den Weltmarktpreisen ab, sondern auch von anderen ökonomischen Faktoren wie Kosten für Fracht, Silos, Elevatoren und Infrastruktur sowie Wechselkursen. Hinzu kommen politische Faktoren wie Regierungspolitik im Zusammenhang mit Krediten, politsche Förderpolitik, Exportsubventionen und Steuerpolitik. Die Unternehmen sind daher inzwischen stark diversifiziert und in ausgeklügelter Weise über Tochterfirmen vertikal und horizontal integriert.

Von ADM abgesehen, stehen sie bis heute unter dem Einfluss ihrer Gründerfamilien. Sie handeln und transportieren, und sie verarbeiten auch viele Rohstoffe. Die Konzerne besitzen Hochseeschiffe, Häfen, Eisenbahnen, Raffinerien, Silos, Ölmühlen und Fabriken. In den vergangenen Jahren hat der chinesische Getreidehändler COFCO, ein Staatsbetrieb, zu ihnen aufgeschlossen und ABCD als Hauptaufkäufer von brasilianischem Mais und Soja abgelöst.

(s. a. Agrarexporte, Agrarhandel, Agrarimporte, Agrarprotektionismus)

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