Weintourismus
Unter Weintourismus versteht man einen Tourismus, bei dem die landschaftlichen und strukturellen Merkmale von Weinregionen mit ihren charakteristischen Bauelementen wie Kelteranlagen oder Weinhöfen und weinbezogene Aktivitäten im Vordergrund stehen. Zu letzteren gehört naturgemäß die Verkostung, der Konsum oder der Kauf von Wein vor Ort.
Wesensbestimmende Elemente sind die vom Weinbau geprägte Kulturlandschaft sowie gastronomische und touristische Angebote mit direktem Bezug zum Wein. Hierzu zählen der Besuch von Weinfesten, Weinkellereien und Besenwirtschaften, die aktive Teilnahme an der Weinlese, aber auch kulturhistorische Aktivitäten. Weintourismus ist somit eng verbunden mit anderen Tourismusformen wie dem Erholungs- oder dem Kulturtourismus. Er umfasst sowohl Tagesausflüge als auch mehrtägige und -wöchige Urlaubsreisen. Allen weintouristischen Aufenthalten ist die weinorientierte Reisemotivation der Reisenden gemein.
Wirtschaftliche Bedeutung
Nach Recherchen der Hochschule Geisenheim und des Deutschen Weininstituts sorgt der Weintourismus für 75.000 Arbeitsplätze in Deutschland, Stand 2019. Die deutschen Weinanbaugebiete sind das Ziel von 50 Millionen Touristen pro Jahr. Sie tragen damit erheblich zum Umsatz der gesamten Tourismusbranche bei. Weinfreunde sorgen so laut Studie für einen Umsatz von insgesamt 5,5 Milliarden Euro pro Jahr.
Weintourismus in Europa
Anders als der europäische Weinbau blickt der Weintourismus auf eine kurze Geschichte zurück. Obwohl Wein seit Jahrhunderten zur europäischen Lebenskultur zählt, ist das durch den Wein motivierte Reisen ein junges Phänomen. In Deutschland und Österreich breitet sich das touristische Angebot rund um den Wein allmählich aus. Auch in den klassischen Ländern der Weinproduktion – Frankreich, Italien und Spanien – gewinnt der Weintourismus, wenn auch in geringerem Maße als im deutschsprachigen Raum, an Bedeutung. Die weintouristische Infrastruktur verbessert sich hier nur langsam. So bleiben die französischen und italienischen Weingüter mehrheitlich dem Publikumsverkehr verschlossen.
In Portugal bilden die Weinstraßen, wie die Rota dos Vinhos do Alentejo, den Schwerpunkt der touristischen Entwicklung. Einen positiven Imagewandel erfährt der Wein derzeit in Großbritannien; der Weintourismus ist ein zunehmend beachtetes Thema.
Außereuropäischer Weintourismus
In einigen Ländern der sogenannten „neuen“ Weinwelt wie Australien und Neuseeland ist Weintourismus bereits seit den frühen 1990er Jahren eine tragende Säule der Wirtschaft.
Der Ökotourismus ist eine relativ neue Form des Tourismus. Seine Geschichte ist von Region zu Region sehr unterschiedlich, aber in Orten wie dem Napa Valley AVA und dem Wine Country erlebte er ein starkes Wachstum, nachdem 1975 eine konzertierte Marketingaktion durchgeführt wurde, die durch das Urteil von Paris 1976 (Paris Wine Tasting of 1976 aka the Judgment of Paris) einen weiteren Schub erhielt.
Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ist die Branche des Enotourismus erheblich gewachsen. In den Vereinigten Staaten haben 27 Millionen Reisende, das sind 17 % der amerikanischen Freizeitreisenden, kulinarische oder weinbezogene Aktivitäten unternommen.
Mit der Veröffentlichung des Films Sideways im Jahr 2004, in dem die beiden Hauptfiguren Weingüter und Wein in der Region Santa Barbara in Südkalifornien besuchen, wurde der Enotourismus auch im englischsprachigen Raum immer bekannter.
Weitere Informationen:
- Erlebnisse im Weintourismus (BüL 2022)
- Die Erwartungshaltung von Weintouristen in Deutschland (BüL 2015)
- Weintourismus in Katalonien - Startseite
- Weintourismus: Aktuelle Forschung mit Transfer in Bildung und Praxis (HS Geisenheim)
- Sustainable and innovative wine tourism - Success models from all around the world (Raúl Compés und Gergely Szolnoki, 2021)