Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Besenwirtschaft

Besenwirtschaften sind saisonal oder tageweise geöffnete Weinausschankbetriebe, in denen der Erzeuger (Winzer) seinen selbst erzeugten Wein ausschenken darf. Ihr Ursprung gilt weithin als Folge des Erlasses von Karl dem Großen im Jahr 812. Die Landgüterverordnung sollte es Winzern erlauben Ihren selbst angebauten Wein zu verkaufen.

Regional sind folgende Begriffe für diese Gastronomieform verbreitet: In Deutschland Straußenwirtschaft (im Rheinland, in Rheinhessen) und im Gebiet Saale-Unstrut, Besenwirtschaft, Besenschänke oder kurz Besen (in Württemberg), Kranzwirtschaft (in Baden), Rädle und Rädlewirtschaft (in der Bodenseeregion) sowie Hecken-, Häckerwirtschaft oder Maienwirtschaft (in Franken). In Österreich werden für ähnliche Gastronomieformen die Begriffe Buschenschank oder Buschenschenke sowie Leutgebschank, in der Schweiz die Begriffe Besenwirtschaft, Besenbeiz oder auch Buschenschenke verwandt.

In Besenwirtschaften werden oft auch kleinere zum Wein passende Tellergerichte gereicht. Eine geöffnete Besenwirtschaft ist an einem ausgesteckten Zweig, Besen, Kranz oder einem ähnlichen zeichenartig aufgestellten Utensil zu erkennen. Darauf bezieht sich auch die österreichische Bezeichnung „ausg’steckt“ für die Öffnungszeiten des Gastbetriebs.

Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten kann die Winzergastronomie auch als Aufbau von neuen Betriebszweigen im Sinne einer Diversifizierung in der Agrarwirtschaft gesehen werden. Dabei sind die neuen Betriebszweige nicht primär der landwirtschaftlichen Produktion zugeordnet, greifen aber auf die Ressourcen aus der landwirtschaftlichen Produktion zurück. Im Bereich der Weinwirtschaft wird dieser Diversifikationswille auch zunehmend in Verbindung mit der Strukturveränderung bei Weinbaubetrieben gesehen und geht oftmals einher mit einer Positionierung im Weintourismus.

In einer empirischen Erhebung (s. u.) zeigt sich, dass Besenwirtschaften allgemein einen sehr hohen Stellenwert bei der Umsatzgenerierung von Weingütern haben, die diese Einkommensalternative in ihr Unternehmenskonzept integriert haben. Diese dient zum einen als Vermarktungsinstrument für das eigentliche Erzeugnis Wein, aber auch als eigene strategische Geschäftseinheit. Signifikante Unterschiede zeigen sich bei der Größe der Weingüter. Die Besenwirtschaft ist gerade für kleinere Weingüter unter 10 Hektar als elementar anzusehen. Bei der Zielgruppe der Gäste spielen für Besenwirtschaften primär einheimische Gäste eine Rolle.

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