Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Schneitelung

Auch Schneiteln; Futter- und Streugewinnung durch Rückschnitt von Bäumen (z. B. Esche, Weiden) in der Schneitelwirtschaft zur Gewinnung der Triebe oder Blätter als Tierfutter (Laubheu als Raufutter) und Einstreu. Gleichzeitig wird die Beschattung der nebenliegenden Flächen reduziert. Die Verwendung der abgeschnittenen Triebe bzw. Blätter als Futter erfolgt seit dem Neolithikum.

Die periodische Stockschneitelung von Bäumen initiiert eine Regeneration durch die Wurzelstöcke. Die traditionelle Betriebsweise der Schneitelung ist eng mit der bäuerlichen Wirtschaftweise verknüpft. So stellen Waldweide und Schneitelwirtschaft eine optimale weidewirtschaftliche Kombination dar. Am besten ertragen Baumarten mit großem Ausschlagvermögen diesen drastischen Eingriff, wie z.B. Esche, Hainbuche, Ulme, Ahorn, Eiche, Hasel und Birke.

Dazu werden möglichst junge Zweige und Äste mit geringerem Anteil an schwer verdaulicher Rohfaser und Lignin vom lebenden Baum abgeschnitten, um vor allem Laub, das sog. "Laubheu", aber auch Nadeln (bevorzugt in den Alpen) als Futter und Einstreu zu erhalten. Dabei entspricht der Nährwert von Futterlaub bei früher Schneitelung in etwa dem von Heu mittlerer Qualität, von später Schneitelung dem von Stroh. Das getrocknete Laub kann sowohl gelagert und im Winter verfüttert oder aber direkt portionsweise entnommen und dann unmittelbar verfüttert werden. Wie entsprechende Futterwertanalysen von Schneitelfutter aus NW-Benin belegen, ist letzteres Verfahren sehr viel produktiver. Denn der Futterwert verschlechtert sich in kürzester Zeit. Aus dieser Erkenntnis heraus erntet die Ethnie der Peulh nur jeweils einen kleinen Teil der jungen Triebe und des Laubs trotz der dadurch drastisch ansteigenden Kletterbelastung.

Während die Bedeutung des Schneitelns in Mitteleuropa in den letzten Jahrzehnten erheblich zurückgegangen ist, besitzt diese Nutzungsform in den meisten Ländern der Dritten Welt – wie z.B. Indien, Pakistan, Nepal, Bolivien – auch heute noch einen erheblichen Stellenwert. Negative Aspekte des Schneitelns sind zu kurze Nutzungszeiträume und damit Übernutzung der geschneitelten Bäume, möglicher Pilzbefall, Nährstoffentzug, Verminderung der Holzqualität bis hin zur fehlenden Verjüngung und somit mittelfristig ein Zusammenbruch der Schneitelbäume.

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