Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Orange

Die Orange(bot. Citrus × sinensis L.), auch Apfelsine genannt, ist ein immergrüner Baum mit gleichnamigen Früchten. Die Orange gehört zur Gattung der Zitruspflanzen (Citrus) in der Familie der Rautengewächse (Rutaceae). Sie stammt aus China oder Südostasien, wo sie aus einer Kreuzung von Mandarine (Citrus reticulata) und Pampelmuse (Citrus maxima) entstanden ist.

Die aus den gleichen Elternarten entstandene Bitterorange wird wegen ihrer gänzlich unterschiedlichen Verwendung von den süßen Orangen unterschieden. Die süße Orange ist die am häufigsten angebaute Zitrusfrucht der Welt.

Merkmale

Orangenbäume sind kleine bis mittelgroße, immergrüne Bäume mit Wuchshöhen bis zu 10 Metern. Die runde Baumkrone weist eine regelmäßige Verzweigung auf. Die jungen Zweige sind kantig und mit dünnen, biegsamen, eher stumpfen, bis zu 8 cm langen Dornen besetzt.

Die wechselständig und spiralig an den Zweigen angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die ledrige, dicke, dunkelgrüne Blattspreite ist deutlich vom Blattstiel abgesetzt, mit abgerundetem Blattgrund, oval und zugespitzt. Die Keimblätter (Cotyledonen) sind milchig weiß.

Die duftenden Blüten stehen einzeln in den Blattachseln oder in wenigblütigen, traubigen Blütenständen zusammen. In Europa blüht die Orange von Februar bis Juni, in China von April bis Mai.

Fruchteigenschaften

Orangenbäume entwickeln – wie viele andere Zitrusfrüchte – auch ohne Fremdbefruchtung Früchte. Bei der Frucht besteht das Sarcocarp aus zehn bis dreizehn Segmenten, die mit Saftschläuchen von meist oranger, gelegentlich auch gelber bis roter Farbe gefüllt sind. Jedes Segment ist von einem dünnen Häutchen (Endokarp) umgeben, die ganze Frucht von einer zweigeteilten Schale. Die innere Schicht der Schale ist weiß (Mesokarp, Albedo), die äußere im reifen Zustand orange oder grün (Exokarp, Flavedo). In der reifen Fruchtschale sitzen zahlreiche Öldrüsen, die einen aromatischen Duft verströmen. Schale und Segmente sind miteinander verwachsen, die Frucht lässt sich schwerer schälen oder teilen als andere Zitrusfrüchte. Die zentrale Achse der Frucht ist – im Unterschied zur Bitterorange – nicht hohl. Jede Frucht enthält viele Samen.

In China reifen die Früchte von September bis Dezember. In Regionen mit tropisch-warmen Nächten und hoher Luftfeuchtigkeit bleiben die Früchte während der Reifung grün. Die Farbe Orange ist also kein Reifemerkmal. Da viele Verbraucher die grüne Farbe für ein Unreifemerkmal halten, werden die grünen Früchte in der Regel vor dem Verkauf entgrünt. Dadurch bedingte Qualitätseinbußen werden der besseren Vermarktung wegen hingenommen.

Name

Der Name Orange stammt über Altprovenzalisch auranja und Spanisch naranja aus dem Arabischen (nārandsch / نارنج), das seinerseits über das persische (nārendsch / نارنج, und nāreng / نارنگ) und Sanskrit ञरंगः nāranga auf ein dravidisches Wort (vgl. Tamil nāram) zurückgeht.

Der Name Apfelsine leitet sich aus Apfel-Sine, chinesischer Apfel, ab (vgl. niederländisch Sinaasappel ‚Chinas Apfel‘). Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts gab es noch eine deutliche Trennung im Sprachgebrauch – nördlich des Mains, in der Rheinpfalz und im Osten Deutschlands wurde die Frucht Apfelsine genannt. Mittlerweile setzt sich die Leitform Orange zunehmend durch.

Die Farbe Orange ist nach der Frucht benannt.

Geschichte

Die Orange lässt sich in Europa nicht vor dem 15. Jahrhundert nachweisen – im Gegensatz zur ähnlichen Bitterorange, die schon im Mittelalter auf dem Landwege bis nach Europa gekommen war. Auch wenn einzelne Hinweise auf süße Orangen schon für einen früheren Zeitpunkt vorliegen, scheint sich die Qualität erst ab 1500 erheblich gesteigert zu haben, aufgrund der Einführung besserer Sorten durch Portugiesen, die diese nach der Entdeckung des Seeweges nach Indien in Europa verbreiteten.

Die Bitterorange hingegen war spätestens im 11. Jahrhundert nach Italien gekommen.

Verwendung

In Europa werden die Orangen von August (Frühsorten aus Sevilla) bis Oktober (Valencia Lates aus der Gegend um Valencia) geerntet. Das im Welthandel bedeutendste Orangenprodukt ist der Orangensaft, welcher zum Großteil aus Brasilien stammt und in Form von Konzentrat gehandelt wird. Auch frische Orangen haben sich in der Lebensmittellandschaft zahlreicher Staaten fest etabliert. Früher als Schutz, heute zu Werbezwecken werden Orangen des Öfteren in Orangenpapieren eingewickelt zum Verkauf angeboten.

Daneben dient die Orange auch als Quelle von Duftstoffen: Aus den Orangenschalen gewinnt man das Terpen d-Limonen, das als biogenes Lösemittel und Rohstoff für die Parfümindustrie vielseitig verwendet wird. Das edel riechende Neroliöl erhält man durch Wasserdampfdestillation der Orangenblüten, wobei zumeist jedoch nicht die Blüten von Citrus sinensis, sondern die der Pomeranze (Citrus × aurantium) zum Einsatz kommen.

Hauchdünne, bitterstofffreie Orangenschalen, wie sie zum Aromatisieren vieler Speisen benötigt werden, lassen sich mit einem Zestenreißer (teils auch Zesteur genannt) herstellen. Getrocknete Orangenschalen finden sich auch häufig in Teemischungen. Auch die Blüten können zu einem Tee verarbeitet werden.

Orangenscheiben, Blüten und Schalen werden auch als Dekoration von Speisen und Getränken verwendet (Orangentwist).

Sorten

Man unterteilt die Orangensorten in Bitterorangen (Pomeranzen) und vier Gruppen süßer Orangensorten, die Blondorangen (auch: Rundorangen), die Navelorangen (auch: Nabelorangen), die pigmentierten Orangen (Blut- und Halbblutorangen) sowie die säurefreien Orangen.

Wirtschaftliche Bedeutung

Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO betrug im Jahr 2017 die Weltproduktion 73,3 Millionen Tonnen Orangen.
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die 20 wichtigsten Anbauländer von Orangen, die insgesamt 89,9 % der weltweiten Gesamtmenge produzierten. Die größten europäischen Produzenten waren Spanien, Italien und Griechenland. Die sechs wichtigsten Produzenten waren 2017 Brasilien (17.459.908 t), VR China (8.564.425), Indien (7.647.000), Mexiko (4.629.758 t), USA (4.615.760 t) und Spanien (3.357.163 t).

Bedrohliche Krankheit

Eine weltweit grassierende Krankheit gefährdet den Orangenanbau: Citrus Greening oder Huanglongbing (HLB). Ausgelöst wird sie durch Bakterien der Gattung Liberibacter, die durch Blattflöhe übertragen werden. Sind Zitruspflanzen infiziert, ist der Transport von Nährstoffen beeinträchtigt. Die kleinen, nicht ausgereiften Früchte schmecken fade und trocken. Bisher sollen etwa 100 Millionen Orangenbäume der Seuche zum Opfer gefallen sein. In Florida wurden 2016 nur noch halb so viele Orangen geerntet wie noch 2009.

Erstmals beobachtet wurde die Krankheit in den 1930er-Jahren in China. Von dort aus trat sie ihren Siegeszug um die Welt an. Besonders betroffen sind die großen Orangenanbaugebiete in Brasilien und Florida (USA). Es scheint nur noch ein Frage der Zeit, bis Citrus Greening auch in Europa auftaucht.

Große Mengen an Insektiziden gegen die Blattflöhe, eine bessere Düngung und ein sofortiges, systematisches Abholzen der befallenen Bäume - die Bekämpfung der Krankheit ist teuer und aufwändig. Gerade kleine Anbaubetriebe können sich das nicht leisten und geben auf.

Auch eine Züchtung resistenter Bäume ist bisher nicht gelungen, da man im Genpool der Zitrusfrüchte keine gegen Liberibacter wirksamen Resistenzgene gefunden hat.

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