Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

ewiger Roggenbau

1. Bezeichnung für einen im 19. Jh. begonnenen Dauerfeldversuch, dem eine enorme wissenschaftsgeschichtliche, kulturelle und naturwissenschaftliche Bedeutung zugeschrieben wird. Mittlerweile steht dieser längste Dauerfeldversuch Deutschlands unter behördlichen Schutz als „Kulturdenkmal“. Bei diesem Versuchsfeld handelt es sich um eine rund 6.000 m² große Parzelle, die seit dem Herbst 1878 (Julius Kühn) jährlich mit Winterroggen bestellt wird. Kühn legte den Versuch unter dem Eindruck der Lehre Justus von Liebigs als reine Roggen-Monokultur an, um die Langzeiteffekte von mineralischer Düngung im Vergleich zu Stallmistdüngung prüfen zu können. Der Versuch wird – abgewandelt – bis heute weitergeführt und ist damit der älteste noch bestehende Dauerdüngungsversuch in Deutschland.

Über die Jahre hinweg wurden und werden unterschiedliche Systeme des Nährstoff- und Humusersatzes, vom Stallmist über die mineralische Volldüngung bis hin zum Raubbau ohne jegliche Düngung, in langen Versuchsreihen verglichen. Im Mittelpunkt der Forschung stehen die Langzeitwirkungen unterschiedlicher Düngung auf die angebauten Pflanzen und den Boden; die Ergebnisse werden seit 1949 in regelmäßig genommen Bodenproben, den Rückstellproben, archiviert. Seit den 1960er Jahren wird ein Drittel der Fläche unter gleichen Versuchsbedingungen mit Mais, ein weiteres Drittel in einer Fruchtfolge von Kartoffel und Roggen bewirtschaftet.

In dem Dauerversuch wird auf einem von Kühn 1878 angelegten Versuchsfeld in Halle an der Saale unter Leitung des Instituts für Bodenkunde und Pflanzenernährung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg kontinuierlich Winterroggen (Secale cereale L.) auf einem aus Sandlöß hervorgegangenem Parabraunerde-Tschernosem in Selbstfolge mit dem Versuchsziel angebaut, Mineraldüngung zu erproben. Der Versuchsstandort liegt im Schwarzerdegebiet Sachsen-Anhalts, das sich im östlichen Harzvorland erstreckt.

Das Feld liefert seit Jahrzehnten gleichbleibend etwa eineinhalb Tonnen Roggen je Hektar, das heißt rund die Hälfte des Ertrags, den ein Vergleichsfeld mit Düngung erzielt, und dies, obwohl dem Boden Jahr um Jahr zentnerweise Kalium, Phosphor und Stickstoff entzogen werden. Karl Schmalfuß löste jedoch 1962 die Roggenselbstfolge auf je einem Drittel der Parzellen durch kontinuierlichen Maisanbau und durch einen Fruchtwechsel von Roggen und Kartoffeln ab, um die Einstellung der Humusgehalte auf solche Gegebenheiten mit anderen Ernterückständen messend verfolgen zu können.

In Deutschland laufen gegenwärtig noch rund 30 Dauerfeldversuche, die ein breites Spektrum verschiedener Boden- und Klimabedingungen abdecken. Ein ähnlich bedeutender Versuch ist der „Statische Düngungsversuch“ von Wilhelm Schneidewind in Bad Lauchstädt, wo es um die Erforschung der langfristigen Wirkung von organischer und mineralischer Düngung auf die Erträge der Kulturpflanzen, die Qualität der Ernteprodukte und die Bodenfruchtbarkeit geht. Ähnliche Versuche sind auch aus dem britischen Forschungsinstitut Rothamsted bekannt.

 

2. Bezeichnung für eine historische Nutzungsform auf armen sandigen Böden Nordwestdeutschlands, bei der die wiederholte Kultivierung von Roggen auf der gleichen Parzelle bis ins 19. Jh. üblich war. Die Bezeichnung "ewiger Roggenbau" ist insofern nicht ganz zutreffend, da alle fünf bis zehn Jahre ein Hafer- oder Gerstenschlag für Abwechslung sorgte. Vermutlich wurde diese Bewirtschaftungsform im 10. Jh. im Zuge der Ausdehnung des Roggenbaus v. a. dort entwickelt, wo Ackerbau inmitten von Heide- oder Feuchtgebieten lediglich inselartig möglich war.

Ewiger Roggenbau war nur mit intensiver Düngung möglich: Außerhalb der Feldflur stach man in der Heide Soden ab, die sogenannten Plaggen. Die Plaggen wurden in die Viehställe transportiert und dort als Einstreu verwendet. In den Ställen bildete sich ein Gemisch aus Soden und Fäkalien, das vor der Feldbestellung auf den Äckern ausgebracht wurde. Dadurch wurde die dauerhafte Fruchtbarkeit der Feldflur erzielt.

Zwar hielt sich der Krankheitsdruck angesichts hoher Selbstverträglichkeit des Roggens in Grenzen, die ununterbrochene Bewirtschaftung begünstigte aber die Verunkrautung. Außerdem waren die Entnahmegebiete der Plaggen großflächig von Devastation bedroht, da auf einen Hekta Acker ca. 20-30 ha Plaggenland gerechnet wurden.

Pfeil nach linksEvapotranspirationHausIndexEx Situ-ArtenerhaltPfeil nach rechts