Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Ernährungssouveränität

Engl. food sovereignity; politisches Konzept, das anlässlich der Welternährungskonferenz 1996 von der internationalen Kleinbauern- und Landarbeiterbewegung Via Campesina geprägt wurde. Es beinhaltet nach deren Auffassung das Recht aller Völker, Länder und Ländergruppen, ihre Landwirtschafts- und Ernährungspolitik selbst zu definieren. Dazu gehört das Recht auf gesunde und kulturell angemessene Nahrungsmittel, die durch ökologisch fundierte und nachhaltige Methoden produziert wird.

Leitmodell von Via Campesina ist hierbei eine kleinbäuerliche Landwirtschaft, die auf nachhaltige Weise vor allem Nahrung für die lokale Bevölkerung produzieren soll. Selbstversorgung, lokaler und regionaler Handel sollen Vorrang vor Exporten und Welthandel haben. An Stelle von Forderungen seitens international agierender Unternehmen sollen die Interessen kleinbäuerlicher Betriebe ins Zentrum nationaler sowie internationaler Ernährungs- und Agrarpolitik gerückt werden.

Zur Begründung wird auf den Umstand verwiesen, dass Hunger und Unterernährung weltweit hauptsächlich die Landbevölkerung treffen. Zwei Drittel der Hungernden lebten in ländlichen Regionen, die jedoch von der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit und internationalen Institutionen wie der Weltbank kaum berücksichtigt würden. Dennoch würde weltweit die meiste Nahrung von rund einer Milliarde Kleinbauern, Kleinfischern, Viehhirten produziert. Daher müsse jedes Konzept zur nachhaltigen Sicherung der Welternährung besonderes Augenmerk auf diese Kleinproduzenten richten.

Das Konzept der Ernährungssouveränität beinhaltet Landreformen, die Achtung der Rechte der Bauern und Landarbeiter sowie das Menschenrecht auf Nahrung, die Ablehnung des Einsatzes von Gentechnik in der Landwirtschaft, den Schutz von Kleinbauern vor billigen Importen (Dumping) von Nahrungsmitteln und soziale Gerechtigkeit. Oft wird dieses Konzept zusammengefasst in den Worten „Brot, Land und Freiheit“.

(s. a. Ernährungssicherheit)

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