Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Bauernhaus

Das Bauernhaus bildet das Hauptgebäude des bäuerlichen Gehöfts, das durch Wirtschaftsgebäude ergänzt wird. In Verbindung mit den räumlichen Elementen Hofstatt, Einfriedung, Nutzungsanteilen in Feld und Wald ergibt sich eine rechtliche Betriebseinheit. Eng in Zusammenhang mit der Ortsform (Dorfgrundriss) und landschaftlichen Gegebenheiten entstanden spezifische Haus- und Gehöftformen, im Unterschied zum städtischen Bürgerhaus.

Die geographische Betrachtung verschiedener Hausformen, Hofformen bzw. Gehöftformen erschöpfte sich lange darin, die Verbreitungsgebiete von funktionalen und konstruktiven Typen und ihre Grenzen räumlich festzulegen und so bestimmte "Hausformenlandschaften" voneinander abzugrenzen. Als Grundformen werden dabei unterschieden: das Einhaus, welches Wohn- und Wirtschaftsräume unter einem Dach zusammenfasst, und das Gehöft, welches sich anhand der spezifischen Anordnung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden um einen Hofraum weiter untergliedern lässt.

Die Ursachen für die räumlich differenzierte Ausbildung wurden und werden in den natürlichen (Witterung, Baumaterialien), den ökonomisch-landwirtschaftlichen (Ackerbau, Viehhaltung), und rechtlich-sozialen Bedingungen (Erbsitten, Besitzgröße, Reichtum) sowie der bäuerlichen Kultur und Lebensweise oder - heute überholt - in der ethnischen Prägung gesehen. Bezeichnungen wie fränkisches Gehöft, Niedersachsenhaus oder Friesenhaus erklären sich aus diesem Verständnis. Heute dominieren die Volkskunde und die Architekturgeschichte die Erforschung der Haus- und Gehöftformen mit Blick auf Fragen der erhaltenden Weiternutzung vor Ort und der Präsentation vor allem in Freilichtmuseen . Die historische Umweltforschung betont ergänzend dazu vor allem die wechselseitigen Beziehungen zwischen Haus und Hof als einer funktionierenden Stätte, seinen Betriebsflächen und seiner natur- und kulturgeographischen Umwelt.

Man unterscheidet eine Reihe von Konstruktionsbesonderheiten: z. B. Dach- oder Wandhaus, Ein- oder Vielhaus, Block- oder Fachwerkbau. Aus der Mischung dieser und anderer Elemente (z. B. traditionelle Schmuckformen) entstanden Hofformen, die sich landschaftlich stark unterscheiden.

In Süddeutschland stehen unterschiedliche Einhäuser und Gehöftgruppen kleinräumig nebeneinander. Der agrarökologische Unterschied zwischen Gebirge und Vorland, zwischen lössbedeckten Acker- und Weinbauregionen und von der Grünlandwirtschaft beherrschten Räumen kommt hierin sichtbar zum Ausdruck. Welch große Vielfalt im Einzelnen hinter den generalisierten Typen steht, zeigt beispielhaft die (vereinfachte) Aufgliederung des Schwarzwalds in der Abbildung.

Bauernhausformen im Mittleren und Südlichen Schwarzwald
Bauernhausformen im Mittleren und Südlichen Schwarzwald

Quelle: Haversath, J.-B. und Ratusny, A. (2002): Bauernhaustypen. In: Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland/5. – Dörfer und Städte / Institut für Länderkunde, Leipzig (Hrsg.). Mitherausgegeben von Klaus Friedrich, Barbara Hahn und Herbert Popp. Heidelberg, Berlin: Spektrum Akademischer Verlag, 2002, S. 48f.

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