Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Anbaugrenzen

Eine bestimmte Nutzungsweise ist an ein bestimmtes Areal gebunden, dessen Grenzen aus dem Zusammenspiel von natürlichen und ökonomischen Faktoren gesetzt werden. Verschlechtert sich das ökologische Standortangebot für eine Pflanze in horizontaler oder vertikaler Richtung, so erreicht sie ihre biologische Grenze. Es handelt sich dabei um eine absolute Grenze, die nicht zu verändern ist, es sei denn, dass sich entweder das Standortangebot (Klimaänderung, Bewässerung) oder die genetischen Standortanforderungen der Pflanze ändern, etwa durch züchterische Maßnahmen.

Innerhalb der biologischen Grenze befindet sich die Rentabilitätsgrenze, sie ist eine Funktion aus Aufwand und Ertrag und damit starken Schwankungen unterworfen, sie ist also eine relative Grenze. Sie wandert zur biologischen Grenze, wenn sich der Aufwand verringern lässt - etwa durch Fortschritte der Agrartechnologie -, sie zieht sich zurück, wenn der Aufwand steigt, etwa bei Lohnsteigerungen. Ähnliche Wirkungen haben staatliche Subventionen oder Preisveränderungen. So führte während der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre ein Verfall der Weizenpreise zu einem Rückzug der Weizen-Frontier an der Trockengrenze der USA und Australiens. Die Subventionierung von Betrieben auf marginalen Standorten hält vor allem in wohlhabenden Staaten wie Finnland und der Schweiz deren eher ökonomisch und politisch bedingten Anbaugrenzen relativ stabil, wobei der Erhalt der Kulturlandschaft für touristische Zwecke und regionalplanerische Ziele entscheidende Motive sind.

Die effektive Grenze umreißt schließlich das tatsächliche Anbaugebiet. In der Regel liegt sie diesseits der Rentabilitätsgrenze. In der Realität des inhomogenen geographischen Raumes ist die effektive Grenze schwer zu erfassen, ihre Darstellung unterliegt subjektiven Einflüssen - je nachdem, welches Mindestmaß an Anbaufläche man als Untergrenze nimmt. Die drei, bei globaler Betrachtung erkennbaren Anbaugrenzen Trockengrenze, Polargrenze und Höhengrenze sind als Grenzsäume ausgebildet, in denen sich drei qualitativ unterschiedliche effektive Grenzen bündeln:

Die drei klimatisch bestimmten Anbaugrenzen Trockengrenze, Polargrenze und Höhengrenze sind weitgehend identisch mit den Siedlungsgrenzen des Menschen, trennen also die Ökumene von der Anökumene.

Die effektive Grenze durchläuft aus historischer Sicht Expansions- und Kontraktionsphasen. Diese Oszillation erklärt sich meist aus einem komplexen Wirkungsgefüge der o.g. Einflussfaktoren, zu denen noch folgende Faktoren hinzutreten können:

In Europa folgten seit dem Mittelalter Phasen der Ausweitung und auch der Schrumpfung landwirtschaftlich genutzter Flächen aufeinander. So wurden zur Steigerung der Nahrungsmittelerzeugung entlang der Feuchtgrenzen und Meeresgrenzen neue Agrarflächen gewonnen. Hierzu gehören die Entwässerung von Feuchtgebieten (z.B. Moorkultivierung in Norddeutschland, Bonifikation in Italien) und die Neulandgewinnung an Küsten (z.B. Polder in den Niederlanden, Umwandlung von Mangroven an tropischen Küsten). Aktuell vollziehen sich dynamische Prozesse sowohl der spontanen als auch staatlich gelenkten Agrarkolonisation vor allem an den Rändern und auch innerhalb tropischer Regenwälder ab. Dabei ist die Erschließung solcher Gebiete mit starken ökologischen Problemen und sozialen Konflikten verbunden.

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