Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Neolithische Revolution

Übergang von der Lebensweise der Wildbeuter oder dem Jäger und Sammler-Dasein (Aneignungswirtschaft) zur sesshaften Lebensweise mit Ackerbau und Viehhaltung (Produktionswirtschaft). Der Übergang fand in den verschiedenen Kulturkreisen zu unterschiedlichen Zeiten statt, im Fruchtbaren Halbmond vor ca. 10.000 Jahren.

Der Übergang zum Ackerbauerntum war wohl ein langsam fortschreitender Prozess (etwa von 12.000 bis 3.000 v. Chr.), der eher den Charakter einer Entwicklung, einer Evolution hatte. Es wird die Erfahrung von Jahrhunderten gebraucht haben, bis sich das Säen und Ernten von Gras, Getreide und Feldfrüchten, die Domestikation von Wildtieren, das Lernen von Bodenbearbeitung, der richtigen Anbau- und Erntezeiten in weiten Gebieten durchgesetzt hatte. Dennoch ist angesichts der Tragweite dieses Umbaus der Begriff 'Revolution' gerechtfertigt.

Die bewusste Kultivierung von Pflanzen und Haltung von Tieren vollzog sich nur in wenigen Weltregionen. Deren Zahl und Abgrenzung unterscheidet sich zwischen verschiedenen Autoren.

Nach derzeitiger Kenntnis entstand der Ackerbau weltweit mehrfach unabhängig voneinander: unter anderem im Fruchtbaren Halbmond, in China/Süostasien, in Mittelamerika, südöstliches Nordamerika, Südamerika (Amazonien, Anden), Neu-Guinea und Westafrika. Von diesen Zentren aus wurde er durch Migration oder Imitation verbreitet.

Jared Diamond identifizierte neun Ursprungszentren (Evolution, Consequences and Future of Plant and Animal Domestication 2002), in denen zuerst Pflanzen und Tiere domestiziert wurden. In der folgenden Karte sind sie orange dargestellt. Die landwirtschaftlich produktivsten Gebiete der modernen Welt (Getreide und wichtige Grundnahrungsmittel) erscheinen in gelb.

Es fällt auf, dass es fast keine Überlappung der beiden Gebietsklassen gibt, mit Ausnahme Chinas und in geringerem Maße der heutigen USA.
Der Grund für die ungleiche Verteilung wird darin gesehen, dass die Landwirtschaft in Gebieten entstand, in denen die Wildvarianten der wertvollsten heutigen Kulturpflanzen und -tiere auftraten, andere Gebiete sich aber als viel produktiver herausstellten, als die Kulturpflanzen sie erreichten.

Neun Ursprungszentren frühester landwirtschaftlicher Innovation

Neun Ursprungszentren frühester landwirtschaftlicher Innovation

Quelle: J. Diamond (2002)

(s. a. Agrargeschichte)

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