Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Ländlichkeit

Im raumwissenschaftlichen Kontext wird unter Ländlichkeit wird eine lockere Wohnbebauung, geringe Siedlungsdichte, ein hoher Anteil land- und forstwirtschaftlicher Fläche sowie Randlage zu großen Zentren und geringe Einwohnerzahl im Umfeld verstanden. Die Bandbreite reicht von den sehr dünn besiedelten peripheren Räumen (äußerst ländlich) bis zu den hochverdichteten metropolitanen Zentren (kaum/nicht-ländlich). (Infoportal Zukunft.Land)

Vor dem Hintergrund diskurstheoretischer Überlegungen wird Ländlichkeit auch als etwas sozial Hergestelltes begriffen und analysiert. Aus historischer Perspektive kann die Persistenz und Variation dieses facettenreichen Diskurses von der Antike über die Renaissance bis zur Moderne skizziert werden. An dieser Stelle werden von manchen Autoren die Anti-Urbanisierung, das Urban Gardening oder das Phänomen der Landzeitschriften drei aktuelle Versionen idyllischer Ländlichkeit in den Fokus gerückt.

Eine Neue Ländlichkeit wird als irdisches Paradies gesehen, eine Welt imaginierten Glücks, die Orientierung in Zeiten fundamentaler Umbrüche gibt, Erben des Idylls Arkadiens. Empirisch betrachtet, sind die Aktivisten der Neuen Ländlichkeit (Raumpioniere, städtische Gemeinschaftsgärtner, Selbstversorger) wohl eher eine kleine Gruppe.

Ländlichkeit im Thünen-Landatlas

Im Thünen Landatlas verstehen die Autoren unter Ländlichkeit eine lockere Wohnbebauung, geringe Siedlungsdichte, ein hoher Anteil an land- und forstwirtschaftlicher Fläche sowie Randlage zu großen Zentren und geringe Einwohnerzahl im Umfeld verstanden. Die Bandbreite reicht von den sehr dünn besiedelten peripheren Räumen (äußerst ländlich) bis zu den hochverdichteten metropolitanen Zentren (kaum ländlich). Die Abgrenzung ländlicher Räume von nicht-ländlichen Räumen erfolgt auf Ebene der Kreisregionen. Um die Vielfalt innerhalb der ländlichen Kreisregionen zu veranschaulichen, zeigt die Karte den Grad der Ländlichkeit auf Gemeindeebene.

Zur Bestimmung der Ländlichkeit werden fünf Indikatoren mittels eines statistischen Verfahrens zu einem Index verknüpft: - Siedlungsdichte 2013, - Anteil der land- und forstwirtschaftlichen Fläche an der Gesamtfläche 2013, - Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser an allen Wohngebäuden 2013, - regionales Bevölkerungspotenzial 2011 (Summe der auf das 1-km-Raster von Eurostat projizierten Bevölkerungszahl im 50-km-Radius bei proportional mit der Luftliniendistanz abnehmender Gewichtung) sowie - Erreichbarkeit großer Zentren (proportional mit der Straßendistanz gewichtete Summe der Bevölkerungszahl der nächsten fünf Oberzentren in Deutschland oder funktionalen städtischen Zentren im Ausland gemäß Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung [Datenstand 2014/2015]). Die Ländlichkeit ist tendenziell umso ausgeprägter, je geringer die Siedlungsdichte, je höher der Anteil land- und forstwirtschaftlicher Fläche, je höher der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser, je geringer das Bevölkerungspotenzial und je schlechter die Erreichbarkeit großer Zentren ist. (Thünen-Landatlas)

 

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