Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Flechthecke

Flechthecken sind eine kulturhistorisch gewachsene, spezifische Form der Feldeinfriedung. Diese ehemals in Europa weit verbreitete handwerkliche Technik unter Nutzung von gewachsenen Naturmaterialien ist auch heute für eine aktive Kulturlandschaftspflege wertvoll. So sind es insbesondere Ziele des Naturschutzes, die dieser Kulturform eine erneut aktuelle Bedeutung gegeben haben. 

Im Raum der Nieheimer Börde, östlich des Eggegebirges (NRW), werden traditionell noch bis in die Gegenwart diese spalierartigen Flechthecken gebogen und geflochten.

Drei bis fünf Jahre lässt man die gepflanzten Sträucher aufwachsen. Dann werden die bis dahin aufgekommenen Bäume in einer Höhe von 1,25 m abgesägt, ein Teil der Haseltriebe wird am Boden abgeschlagen, geeignete Ruten werden stehengelassen.
Die stehengelassenen Ruten werden herabgebogen, mit Bindeweiden von Kopfweiden in drei Etagen miteinander verflochten und mit Pfosten verbunden. Zur Viehweide hin werden meist Weißdorn und Schlehen als Verbissschutz mit eingeflochten. Andere Gehölze siedeln sich mit der Zeit von selbst an. Ziel ist eine möglichst schmale, gleichmäßige Hecke mit einer Höhe von ungefähr 1,50 m.
Ähnliche Biegehecken gibt es in der Lippetalung bis hinauf zur Südseite der Beckumer Berge im Münsterland.

Flechthecken sind sie vorwiegend in Landschaften mit vorherrschender Weidewirtschaft zu finden. Mit Einführung des Stacheldrahtes im 20. Jahrhundert begann in den meisten Landschaften auch der Rückgang der Flechthecken. Sie wurden durch Drahtzäune ersetzt und das Wissen um die Technik des Heckenflechtens verschwand zunehmend.

Zahlreiche Funktionen werden von Flechthecken erfüllt: Sie grenzen Grundstücke voneinander ab, sind Schattenspender für das Vieh, liefern Brenn- und Nutzholz sowie Haselnüsse und Futter. Früher lieferten sie zudem Forkenstiele und Spazierstöcke. Seit einigen Jahren werden verwilderte Hecken wieder gepflegt, um das Landschaftsbild aufzuwerten und die vielseitigen Vorteile der Hecken zu nutzen. Heute stellt die Kulturform einen großen ökologischen Mehrwert für die Tier- und Pflanzenwelt dar. Vögel erhalten neuen Lebensraum, Igel, Hasen, Siebenschläfer oder die Haselmaus und Rebhühner finden Brut- und Nistplätze.

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