Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Filière-Konzept

Theoretischer Ansatz zur Darstellung von landwirtschaftlichen Warenketten. Das Filière-Konzept beschreibt die Aufeinanderfolge von Produktionsschritten von der Gewinnung des Rohmaterials bis hin zum Endverbraucher. Das in den 1970er Jahren von französischen Ökonomen und Wirtschaftspolitikern entwickelte Konzept erweitert die Produktionskette um die Phase der Distribution. Dabei lassen sich die einzelnen Schritte in Segmente aufteilen, zwischen denen wiederum Marktbeziehungen aus Nachfrage und Angebot existieren.

Diese Segmente stellen jeweils geschlossene Produktionsabschnitte aus Beschaffung, Bearbeitung und Distribution dar, welche auch in einem Unternehmen integriert sein können. Zwischen dem Ausgang eines Segments und dem Eingang in das nächste Segment treten Marktbeziehungen auf, d.h. mehrere Anbieter des Zwischenprodukts treffen auf mehrere Nachfrager und es ergeben sich wechselnde Marktpreise. Die Akteure auf den Märkten besitzen dabei unterschiedliche Macht. Die stärkeren Marktpartner können dadurch Einfluss (z. B. auf Preise, Produkte, Qualitäten, Produktionsmethoden) auf das Segment des schwächeren Partners nehmen.

In räumlicher Hinsicht liegt dem Filière-Konzept die Annahme zu Grunde, dass die Segmente auf Grund ihrer Eigenständigkeit und ihrer spezifischen Anforderungen jeweils unterschiedliche Standorte einnehmen können.

Beispielsweise kann die Produktion von Biokraftstoffen in vier Filière-Segmente eingeteilt werden: Das erste Segment, die Biomasseherstellung oder -bereitstellung, erfolgt immer dezentral (auf der Fläche) und damit immer im ländlichen Raum. Im zweiten Segment werden durch die Biomasseveredelung (Erhöhung der Energiedichte) aus der angelieferten Rohbiomasse die Ausgangsprodukte für die Biokraftstoffgewinnung (z. B. Rapsöl) erzeugt. Danach erfolgt die eigentliche Biokraftstoffproduktion, z. B. die Umesterung des Pflanzenöls zu Biodiesel. Das letzte Segment bildet die Biomassevermarktung und somit die Distribution der gewonnenen Kraftstoffe.

Das Filière-Konzept gilt als nur schwer greifbar, weil es im Deutschen und Englischen keine wirkliche Entsprechung gibt, auch wenn es dem Warenketten-Ansatz stark ähnelt und manchmal mit ihm gleichgesetzt wird. Zudem wird das Konzept von Forschern sehr verschiedener Schulen für sehr unterschiedliche Fragestellungen verwendet.

Filière-Konzept
Filière-Konzept

Quelle: nach Kulke (2017)

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