Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Sturzflut

Eine Sturzflut (engl. flash flood) ist eine mit hohen Fließgeschwindigkeiten einhergehende Überflutung von Gebieten, bei welcher der Boden das Wasser nicht mehr aufnehmen kann. Auslöser von Sturzfluten sind in der Regel kleinräumige extreme Starkregenereignisse. Diese pluvialen Überflutungen können, im Gegensatz zu Hochwassern an Flüssen (fluviale Überflutungen), sehr plötzlich und theoretisch an jedem Ort, d.h. auch fernab von Gewässern, auftreten. Damit ist das Überflutungsrisiko nur schwer kalkulierbar und die Vorwarnzeit häufig gering.

Sturzfluten verfügen über ein enormes Schadenspotenzial für Infrastruktur, (Wohn-)Gebäude und Besitz und stellen eine Gefahr für Leib und Leben dar.

Die Starkregenereignisse besitzen konvektiven Charakter. Sie treten in Deutschland vor allem im Sommerhalbjahr von Mai bis September am Nachmittag und Abend auf, häufig in Verbindung mit Sommer-Gewittern. Neben der Intensität des Niederschlags hängt die Ausbildung und Intensität einer Sturzflut wesentlich von lokalen Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören z. B. die Topographie, die Vegetationsbedeckung, der Versiegelungsgrad, die Landnutzung und die Vorfeuchte des Bodens. Viele dieser Faktoren sind zeitlich variabel. Auf diese Weise können vergleichbare Niederschläge, sogar im selben Gebiet, unterschiedlich starke Auswirkungen zeigen.

Sturzfluten gehen oft in Flusshochwasser und -überschwemmungen über, wie etwa 2021 bei den Ahrtal-Überschwemmungen.

Gefährdungspotential

In abschüssigem Gelände kann bei einem Sturzflut-Ereignis eine schwallartig ansteigende Hochwasserwelle ausgelöst werden, die schnell auch Gebiete außerhalb der Unwetterzone erreicht.

In Folge einer Sturzflut kommt es in urbanen Gebieten zu überfluteten Straßen und Unterführungen. Die Wassermengen führen zu erheblichen Schäden an Gebäuden. Oberflächenwasser kann auf verschiedenen Wegen in Gebäude eindringen und vollgelaufene Keller oder im extremeren Fall auch Wohnräume zur Folge haben. Zusätzlich kann es durch Kanalrückstau zum Eintreten von Abwasser kommen.

Kritisch sind mechanische Kräfte durch die hohen Fließgeschwindigkeiten und mitgerissenem Schlamm oder Treibgut: Beides kann Gebäude zum Einsturz bringen und erhöht die Schäden enorm. Aber auch in ebenem Gelände kann sich Niederschlagswasser in Geländemulden (oder Kellern und Tiefgaragen) sammeln und zu lokalen Überflutungen mit hohen Wasserständen und Schäden führen. Auch schwere Objekte, wie z. B. Autos, können mitgerissen werden.

Des Weiteren besteht ein Risiko durch den Bodenabtrag auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. In den Sommermonaten weisen Ackerböden teilweise einen noch geringen Bewuchs auf und sind daher besonders anfällig für Erosion.

Dies hat zum einen negative Folgen für die betroffenen Flächen, auf denen fruchtbarer Boden verloren geht und die Bodenfunktionen beeinträchtigt werden. Da das mitgeführte Bodenmaterial letztlich sedimentiert oder teilweise in Fließgewässer abgeführt wird, bestehen darüber hinaus durch enthaltene Nähr- und Schadstoffe Auswirkungen auf die Wasserqualität und weitere Ökosysteme.

Globaler Überblick über das Auftreten von Sturzfluten

Die folgende Grafik bietet einen globalen Überblick über das Auftreten von Sturzfluten. Generell scheinen Sturzfluten in trockenen Regionen (dunkelrot: Zeitraum 1995–2022, hellrot: 1966–1994 und orange: 1938–1965) im Vergleich zu feuchteren Regionen (dunkelblau: Zeitraum 1995–2022, blau: 1966–1994 und hellblau: 1938–1965) mehr Todesfälle zu verursachen, da trockene Böden weniger Wasser aufnehmen können und die dort lebenden Menschen häufig weniger darauf vorbereitet sind. Die Größe der Kreise steht hierbei für die Anzahl der Todesfälle.

Globaler Überblick über das Auftreten von Sturzfluten
Globaler Überblick über das Auftreten von Sturzfluten

Quelle: WBGU 2024

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