Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Polder

Bezeichnung für ein eingedeichtes niedrig gelegenes Gelände in der Nähe von Gewässern. Dabei gibt es in Bezug auf den Hochwasserschutz zwei gegensätzliche Bedeutungen.

a) Herkömmliche Bedeutung

In der klassischen niederländischen Bedeutung ist ein Polder oder Koog ein Gebiet, das durch Deiche vor Hochwasser geschützt wird. Dies trifft, besonders in der Gegend um die Ems-Mündung zu und an der unteren Oder auch im Deutschen, in der Normandie auch im Französischen. Bei den meisten dieser Polder liegt der Wasserspiegel benachbarter größerer Gewässer (Meer oder Flüsse) oft oder dauerhaft über dem Bodenniveau. Darum muss das Wasser aus den Entwässerungsgräben des Polders über bzw. durch den Deich gepumpt werden, in heutiger Zeit zumeist mit Motorkraft, in vorindustrieller Zeit mit Windkraft. Die Gruppen von Windmühlen auf den Deichen des Rheindeltas, ein Wahrzeichen der Niederlande, sind alte Windpumpen. In Schleswig-Holstein werden die klassischen Polder als Koog bezeichnet. Das in Niedersachsen übliche Wort Groden bezeichnet eigentlich Deichvorland, wurde allerdings vielerorts nach Eindeichung der Flächen als Name beibehalten.

Beispiele für bekannte Polder:

b) Hochwasserpolder / Hochwasserschutzpolder

Ein Hochwasserpolder ist ein Retentionsgebiet, das bei Flusshochwassern gezielt geflutet werden kann, um die Wasserführung flussabwärts gelegener Flussabschnitte vorübergehend zu vermindern und dadurch die Spitze einer Flutwelle zu verkleinern. In der Regel handelt es sich um einst natürliche Rückhalteräume, die nun wieder künstlich geflutet werden sollen. Derartige Polder unterliegen Nutzungsbeschränkungen, beispielsweise einem Bebauungsverbot. Sie sind sowohl vom Flussbett als auch von benachbarten intensiver genutzten Flächen durch Deiche getrennt.

Das Wasser bleibt einige Tage oder Wochen im Polder stehen und wird nach Abklingen der Gefahr wieder in den Fluss geleitet. Um die Tier- und Pflanzenwelt daran zu gewöhnen, werden ab und zu «ökologische Flutungen» eingeleitet, auch wenn keine Hochwassergefahr besteht.

Die Deiche zu intensiver genutzten Nachbarflächen verhindern, dass diese bei Flutung des Polders mit geflutet werden. Deiche zum Gewässer verbessern die Nutzbarkeit des Poldergeländes, indem sie verhindern, dass der Polder schon bei geringeren Hochwassern geflutet wird, die in anschließenden Flussabschnitten keine Bedrohung darstellen. Sie ermöglichen, das dem Fluss entzogene Wasser länger als in einer natürlich überfluteten Flussaue zurückzuhalten. Derartige Polder werden vor allem zum Hochwasserschutz von Großstädten und engen Tälern in oberhalb gelegenen geräumigen Talabschnitten angelegt, beispielsweise am Oberrhein bei Ingelheim am Rhein.

Bei weniger großen Gewässern werden Hochwasserpolder als – außerhalb des Bedarfsfalls leere – Rückhaltebecken ausgeführt, wie im Leinetal zwischen Northeim und Einbeck-Salzderhelden. Hier sperrt ein Staudamm, durch den der Fluss normalerweise durch ein geöffnetes Sieltor an der Basis ungehindert hindurchfließt, die Flussniederung. Bei Hochwasser wird die Flutwelle hier gestaut und der Abfluss auf ein für den Unterlauf verträgliches Maß reguliert.

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